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logo 41 • das CAMLOG Partner-Magazin • Dezember 2017 logo 41 • das CAMLOG Partner-Magazin • Dezember 2017 12 13 Dr. Hajo Peters, Wien IMPLANTOLOGISCHE FRONTZAHNREHABILITATION MIT INTERDISZIPLINÄREM MAXIMALKONZEPT Abb. 1: Klinisch unauffällige Ausgangssituation fünf Jahre nach endodontischer Versorgung von Zahn 11. Abb. 2: Radiologische 3D-Darstellung des Oberkiefer-Defektes mit Erosion ins Foramen incisivum (Axialschicht) sowie Verlust der labialen Kompakta in der sagittalen Rekonstruktion. Der vorliegende Fallbericht schildert die einjährige chirurgische und prothetische Therapie, die zahntechnischen Besonderheiten sowie das aktuelle einjährige Follow-Up eines 24-jährigen Patienten, der mittels Frontzahnimplantat (CAMLOG® SCREW-LINE) versorgt wurde. Um den Anforderungen des Patienten als Berufsmusiker sowohl funktionell als auch ästhetisch gerecht zu werden, wurde gemäß des von ZTM Christian Koczy, Dr. Otto Exenberger und Dr. Hajo Peters entwickelten Wiener Ästhetik-Protokolls therapiert, das auf der engen Interdisziplinarität zwischen Zahntechniker, Prothetiker und Chirurg basiert. Bei diesem Protokoll handelt es sich um ein Maximalkonzept, das in allen Einzelheiten vorgestellt werden soll. Die Dokumentation beschreibt die Diagnostik und das klinische Vorgehen von der Frontzahnentfernung im Oberkiefer mit ausgedehnter Zystketomie über die provisorische Versorgung, die Rekonstruktion des Alveolarfortsatzes, Implantatpositionierung und Augmentation des Weichgewebes bis hin zur Ausformung und Wiederherstellung mittels individueller Keramik-Prothetik. Anamnese und Befunderhebung Im Rahmen einer zahnärztlichen Routineuntersuchung und der anschließenden Befundung mittels Panoramaschichtaufnahme ergab sich bei dem zum Untersuchungszeitpunkt 22jährigen Patienten (2014) eine ausgedehnte radiologische Transluzenz im Bereich des anterioren Oberkiefers. Der Patient war ersten eigenen Angaben zufolge beschwerdefrei und klinisch lag eine unauffällige orale Situation des Weichgewebes sowie der Zahnhartsubstanz vor (Abb. 1). Der Patient ist Berufsmusiker (Saxophonist) und die gezielte Befragung hinsichtlich der suspekten Frontzahnregion ergab schließlich doch eine zeitweise auftretende Empfindlichkeit unter der Oberlippe, die der Patient selbst auf das tägliche Üben mit dem Blasinstrument und eine mögliche Überbeanspruchung der Lippenmuskulatur zurückgeführt, aber niemals für erkrankungsbedingt erachtet hatte. [1-2] Es ließ sich anamnestisch eine fünf Jahre zurückliegende endodontische Therapie des Zahnes 11 eruieren. Die Notwendigkeit zur Wurzelkanalbehandlung war auf eine mechanisch-traumatische Luxation des Zahnes zurückzuführen, der nach anfänglicher Schienung und nachfolgenden Sensibilitätskontrollen keine positive Vitalität und somit ausbleibende Reinnervation/ -vaskularisation des geschädigten Endodonts gezeigt hatte. Zur besseren Beurteilung der vermuteten apikalen Pathologie wurde eine dreidimensionale Röntgendiagnostik durchgeführt, die das ganze Ausmaß des knöchernen Defekts zeigte: Es handelte sich um eine scharf begrenzte ossäre Transluzenz von ca. 2x3x1cm im frontalen Alveolarfortsatz des Oberkiefers mit knöchener Erosion zum Foramen incisivum und enger Relation zum wurzelkanalbehandelten Zahn 11. Im Sagittalschnitt durch die Läsion imponierte ein ausgedehnter vestibulärer Verlust des Alveolarfortsatzes (Abb. 2). Chirurgische Sanierung Der radiologische Befund korrelierte in der dann durchgeführten chirurgischen Therapie mit der fast vollständigen Fenestration des labialen Alveolarknochens (Abb. 3). Wegen der minimalinvasiv orientierten Zahnentfernung unter Zuhilfenahme eines Piezosurgery-Gerätes (mectron, Köln) zur Lösung der parodontalen Verankerung des Zahnes konnte eine zervikale Knochenbrücke koronal des Defektes erhalten bleiben. Die vorangegangene Bildung eines vestibulär gestielten Mukoperiostlappens ermöglichte einerseits Übersicht über den pathologischen Prozeß und gewährte andererseits den Schutz der angrenzenden Papillen. Die Zystektomie ergab eine später histologisch bestätigte infizierte radikuläre Zyste, die in toto enukleiert werden konnte. Die klinischen Ausmaße des entfernten Zystengewebes gibt Abbildung 4 wieder. Zur Koagulumstabilisierung wurde ein Kollagenkegel (Parasorb, Resorba, Nürnberg) druckfrei in die Alveole eingebracht (Abb. 5). Da das Ausmaß der knöchernen Resorption bereits zum Zeitpunkt der Zahn- entfernung ein so großes Volumen eingenommen hatte, konnte nicht mit einer ausreichenden Reossifikation des Defektes gerechnet werden. Dies gilt besonders im spongiösen Alveolarfortsatz des Oberkiefers im Vergleich zu ähnlichen Defekten im Unterkiefer mit breiter Kortikalis und höherem Regenerationspotential. Aus diesem Grund und wegen des Vorliegens einer infizierten Zyste wurde auf ein unmittelbares Auffüllen des Defektes im Sinne einer Socket-Preservation-Technik verzichtet. In der primären Wundversorgung ging es deshalb vorrangig umdie weichgewebige Deckung und Verheilung des Defektes und somit dem Erreichen optimaler Voraussetzungen für ein operatives Re-Entry zur knöchernen Augmentation nach etwa 6 Wochen. Medikamentös wurde der post-operative Verlauf mit systemischer Antibiose (Amoxicillin) und lokaler Chlorhexi- dingluconat-Spülung (0,2%) bis zur Naht- entfernung nach einer Woche begleitet. Weichgewebsheilung und Provisorium Der klinische Befund des Frontzahnsegments nach Abschluß der Weichgewebsheilung ergab die zu erwartenden optischen Defekte. Sowohl vertikale als auch transversale Verluste imponierten bei der Wiedervorstellung des Patienten. Allerdings zeigten sich reizfreie Wundheilungsbedingungen, was den vollständigen Weichteilverschluß der Extraktionsalveole und eine entzündungsfreie Gingiva und Alveolarmukosa beinhaltete (Abb. 6). Während der gesamten Behandlungsdauer, beginnend mit der Zahnentfernung bis zum Eingliedern der Implantatkrone trug der Patient das im Tiefziehverfahren angefertigte Schienenprovisorium (Abb. 7), welches für ihn funktionell und ästhetisch ausreichend war. Für die ungestörte Weichgewebsheilung ist die Verwendung eines das Schleimhauttegument nicht druckbelastenden Provisoriums unerlässlich. Das bedeutet, dass entweder Schienen zum Einsatz kommen oder mittels Säure-ÄtzTechnik befestigte Klebebrücken. Letztere bieten den Vorteil eines angenehmeren Tragekomforts für den Patienten (keine Okklusionsbeeinträchtigung), bedeuten aber für alle folgenden Behandlungsschritte das aufwendige Entfernen und postoperative Wiederbefestigen an den Nachbarzähnen. Hier müssen die Bedürfnisse des Patienten abgefragt und entsprechend berücksichtigt werden. Unser Patient entschied sich für ein einfacher zu handhabendes Schienenprovisorium, welches im Laufe der Therapie auch angepasst oder erneuert werden konnte. Knochenaugmentation Wie schon zum Zeitpunkt der Zystektomie und Zahnentfernung zu erwarten, offenbarte sich bei Wiedereröffnung des Situs der ausgedehnte Knochendefekt, der sich sogar noch durch die Resorption der so mühevoll erhaltenen zervikalen Knochenbrücke vergrößert hatte (Abb. 8). Hier Abb. 3: Intraoperativer Situs nach Zahnentfernung und Zystektomie. Zarte erhaltene zervikale Knochenbrücke. Abb. 4: In toto enukleierte radikuläre Zyste aus der apikalen Region des Zahnes 11. Abb. 5: Koagulumstabilisierung des Zystendefekts und der Alveole mit xenogenem Kollagen-Kegel. Abb. 6: Klinische Defekt-Situation sechs Wochen nach Zahnentfernung. Abb. 8: Ausdehnung des knöchernen Defektes mit vollständiger Resorption der bukkalen Knochenwand vor Knochenaugmentation. Abb. 7: Tiefziehschiene als Langzeitprovisorium während der gesamten Behandlungsdauer. PRAXISFALL PRAXISFALL

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