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EINE KOMBINATION INTERDISZIPLINÄRER TECHNIKEN FÜR EINEN LANGFRISTIGEN HART- UND WEICHGEWEBEERHALT S. Marcus Beschnidt, Baden-Baden Ein Praxisfall aus dem CAMLOG Partner-Magazin logo (Nr. 21) August 2010 SONDERDRUCK

PRAXISFALL EINE KOMBINATION INTERDISZIPLINÄRER TECHNIKEN FÜR EINEN LANGFRISTIGEN HART- UND WEICHGEWEBEERHALT Fallbeschreibung Abbildung 1 zeigt die Ausgangssituation einer 61-jährigen Patientin. Im Seitenzahnbereich waren die Stützzonen komplett verloren gegangen, was erhebliche funktionelle Defizite zur Folge hatte. Es zeigten sich deutlich erkennbare horizontale und vertikale Kieferkammdefekte, verbunden mit einem Verlust an befestigter Gingiva. Im Frontzahnbereich dominierten ästhetisch unzulänglich gestaltete Restaurationen mit freiliegenden Kronenrändern und einem ungleichmäßigen Verlauf des Gingivasaumes bedingt durch die ausgeprägten Rezessionen. Die Interdentalpapillen bildeten sich altersgerecht leicht zurück. Im Röntgenstatus (Abb. 2) zeigten sich verschiedene wurzelbehandelte Zähne mit teilweise suffizienten, teilweise insuffizienten Wurzelkanalfüllungen. Die Zähne 11, 12 und 22 waren insuffizient wurzelbehandelt. Die Patientin wünschte sich eine festsitzende Totalsanierung im Ober- und Unterkiefer ohne Brückenkonstruktionen. Die ursprüngliche Planung sah Wurzelkanalrevisionen mit entsprechenden Neuversorgungen durch Stiftaufbauten und Kronen vor. Die Zähne 24 und 25 wurden von vornherein als extraktionswürdig eingestuft. Nach Abnahme der metallkeramischen Restaurationen (Abb. 3) zeigte sich subgingival an den Zähnen 21 und 22 eine Kronenrandkaries, die sich bis auf das Knochenniveau erstreckte. Nach Eröffnung des Kanallumens an Zahn 11 präsentierte sich eine ausgedehnte weiche Karies im Wurzelkanal. Damit war die Langzeitprognose dieser Zähne als schlecht zu bewerten. Die Patientin wurde deshalb darüber aufgeklärt, dass diese Zähne nicht erhaltungswürdig sind. Daraufhin wurde das vorgefertigte Schalenprovisorium intraoral unterfüttert, im Labor ausgearbeitet und eingesetzt (Abb. 4). Minimalinvasive Extraktion Nach Aufklärung über den operativen Eingriff wurden in regio 11, 21 und 22 zunächst die Stiftaufbauten abgenommen und anschließend die Wurzelreste unter Verwendung des Benex®-Systems (Helmut Zepf Medizintechnik, Tuttlingen) im Sinne einer minimalinvasiven Extraktion in rein axialer Richtung schonend entfernt (Abb. 5). Nach Extraktion der drei Wurzelreste war erkennbar, dass weder ein hart-, noch In der oralen Implantologie wurden in den vergangenen Jahren Standardtechniken und Richtlinien etabliert, die in den meisten Patientenfällen zu dem gewünschten funktionellen und ästhetischen Resultat führen. Trotzdem gibt es auch heute Indikationen, die aus ästhetischer Sicht besondere Herausforderungen darstellen. Dazu zählen Patientenfälle, bei denen im OberkieferFrontzahnbereich mehrere Implantate nebeneinander platziert werden. Hier sind Therapiekonzepte gefragt, die durch ein erprobtes und aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel von chirurgischen, prothetischen und labortechnischen Parametern möglichst nahe an das individuelle Optimum herankommen. Ein Beispiel hierfür gibt die nachfolgende Falldokumentation, bei der durch eine Kombination verschiedener interdisziplinärer Techniken langfristig ein optimaler Hart- und Weichgewebeerhalt erzielt werden konnte. S. Marcus Beschnidt, Baden-Baden Anmerkung: Die Falldokumentation entspricht teilweise nicht dem von CAMLOG empfohlenen Standardprotokoll. Das Vorgehen erfolgt auf alleinige Verantwortung des Behandlers. Abb. 1b Abb. 1c Abb. 1a

ein weichgewebiges Trauma im Papillenbereich entstanden war. Dies war für die hier geplante Sofortimplantation von größter Wichtigkeit. Ebenso muss in diesen Fällen das Parodont entzündungsfrei sein und wenn notwendig vorbehandelt und saniert werden. Sofortimplantation mit partieller Socket Preservation Nach Aussondierung der Alveole und des Alveolenrandes wurden in regio 11 und 21 jeweils ein SCREW-LINE Implantat Promote® (Durchmesser 6.0 mm, Länge 16 mm) inseriert (Abb. 6a). Beide Implantate wiesen ein Eindrehmoment von über 35 Ncm auf und waren somit für eine Sofortversorgung ausreichend primärstabil. In regio 22 wurde ein SCREWLINE Implantat Promote® mit Durchmesser 3.8 mm und Länge 16 mm eingesetzt (Abb. 6b). Die Promote® plus-Oberfläche war zum Zeitpunkt der Implantation noch nicht verfügbar. Das Implantat regio 22 wies nicht die für eine Sofortversorgung erforderliche Primärstabilität auf. Alle Implantate wurden in die palatinale Kortikalis der Alveole platziert, so dass die bukkale Knochenlamelle nicht berührt wurde. Abb. 2: Röntgenstatus mit verschiedenen wurzelbehandelten Zähnen, die teils suffizient, teils insuffizient gefüllt wurden. Abb. 1a bis 1c: Ausgangssituation einer 61-jährigen Patientin. Die Stützzonen waren nicht mehr vorhanden, und es bestanden erhebliche funktionelle Defizite und Kieferkammdefekte. Im Frontzahnbereich dominierten ästhetisch unzulänglich gestaltete Restaurationen, freiliegende Kronenränder, ein ungleichmäßiger Gingivaverlauf und Rezessionen. Abb. 3a Abb. 3b Abb. 3a und 3b: An den Zähnen 21 und 22 zeigte sich subgingival Kronenrandkaries, die sich bis auf das Knochenniveau erstreckte. An Zahn 11 präsentierte sich eine ausgedehnte weiche Karies im Wurzelkanal. Abb. 5a und 5b: Nach Abnahme der Restaurationen wurden regio 11, 21 und 22 die Stiftaufbauten abgenommen und die Wurzelreste unter Verwendung des Benex®-Systems in rein axialer Richtung schonend entfernt. Abb. 4: Unterfütterung des vorgefertigten Schalenprovisoriums. Abb. 5c: Im Papillenbereich ist weder ein Hart- noch ein Weichgewebstrauma entstanden. Abb. 6a: Insertion von SCREW-LINE Implantaten Promote® (Durchmesser 6.0 mm, Länge 16 mm) regio 11 und 21. Beide Implantate wiesen ein Eindrehmoment von über 35 Ncm auf. Abb. 6b: Regio 22 wurde ein SCREW-LINE Implantat Promote® mit Durchmesser 3.8 mm und Länge 16 mm eingesetzt. Dieses war für eine Sofortversorgung nicht ausreichend primärstabil. Abb. 5b Abb. 5a 3

Direkt nach der Implantation wurde der Spalt zwischen der Alveole und dem Implantat aussondiert (Abb. 7). Die maximale Tiefe betrug zwölf Millimeter und die größte Breite zwei Millimeter. Dieser Spalt wurde mit einem nicht resorbierbaren Knochenersatzmaterial (Bio-Oss®, Geistlich, Baden-Baden) so aufgefüllt, dass noch ausreichend Blut zirkulierte und mit einer knöchernen Durchbauung im Sinne einer partiellen Socket Preservation gerechnet werden konnte (Abb. 8). Intraoperative Abformung mit Platform Switching Direkt nach der Implantatinsertion wurden auf die Implantate (Durchmesser 6.0 mm) in regio 11 und 12 Abformpfosten, offener Löffel, des Durchmessers 5.0 mm aufgeschraubt und damit ein Platform Switching hergestellt. Beim Implantat regio 12 wurde ein Gingivaformer, bottleneck, eingesetzt. Anschließend erfolgte die intraoperative Sofortabformung mittels Polyether (Impregum™, 3M Espe, Seefeld) (Abb. 9). Sofortversorgung mit Provisorischen Abutments (PEEK) Nach der intraoperativen Sofortabformung wurde auf die Implantate 11 und 21 jeweils ein Provisorisches Abutment (PEEK) aufgeschraubt (Abb. 10a). Der Gingivarand wurde intraoral mit einem Stift markiert und im Labor eine Hohlkehle präpariert. Anschließend wurden die PEEK-Abutments wieder eingesetzt, das vorhandene Schalenprovisorium ausgeschliffen und erneut mit Kunststoff unterfüttert (Abb. 10b). Weichgewebemanagement mittels Pouch-Präparation Aus dem harten Gaumen wurde ein subepitheliales freies Bindegewebstransplantat entnommen (Abb. 11a) und für kurze Zeit unter einem feuchten Gazetupfer gelagert. Das Empfängerbett wurde mit Hilfe eines Mikroskalpells unter Schonung aller Papillen unterminierend und ohne Vertikal-Inzision präpariert. Das Ziel einer Abb. 9b Abb. 9a Abb. 7: Sondierung des Alveolenspalts. Die maximale Tiefe betrug zwölf Millimeter und die größte Breite zwei Millimeter. Abb. 8: Partielle Socket Preservation mittels eines nicht resorbierbaren Knochenersatzmaterials. Abb. 10a: Provisorische Abutments aus PEEK für die Sofortversorgung. Abb. 11b: Unterminierende Pouch-Präparation mit Hilfe eines Mikroskalpells. Ziel war die maximale Schonung der Papillen, um eine möglichst gute Nutrition des Weichgewebes zu erhalten. Abb. 11a: Subepitheliales freies Bindegewebstransplantat aus dem harten Gaumen. Abb. 10b: Die PEEK-Abutments wurden intraoral mit einem Stift markiert, im Labor präpariert und wieder eingesetzt. Abb. 11c: Einbringen des Bindegewebstransplantats in die Weichgewebstasche. Abb. 9a und 9b: Abformung der Implantate regio 11 und 12 mit Abformpfosten, offener Löffel, des Durchmessers 5.0 mm (Platform Switching). Regio 12 wurde ein Gingivaformer, bottleneck, eingesetzt. 4

solchen split thickness Pouch-Präparation ist es, eine möglichst gute Nutrition des Transplantates zu erhalten und die Papillen vollständig intakt zu lassen (Abb. 11b). Das Bindegewebstransplantat konnte nun eingebracht (Abb. 11c) und nach bukkal in die blutende Weichgewebstasche rotiert werden. Nach Einbringen des Bindegewebstransplantates wurden die im Labor polierten PEEK-Abutments wieder eingegliedert und das neu unterfütterte Schalenprovisorium einzementiert (Abb. 12). Dabei war darauf zu achten, dieses Provisorium keinerlei statischen und dynamischen Okklusionskontakten auszusetzen. Es wurde maximal ausgeschliffen und gekürzt. In regio 22 wurde das Schalenprovisorium als Extensionsbrückenglied gestaltet. Nach Insertion aller Implantate und dem Einsetzen der Provisorien wurde ein Kontrollröntgenbild angefertigt (Abb. 13). Biologische Parameter und die definitiven Keramik-Abutments Bereits einen Tag nach Insertion der Implantate wurden im Labor auf dem angefertigten Meistermodell für regio 11 und 21 die definitiven Keramik-Abutments aus Zirkoniumoxid hergestellt. Der Zahntechniker hat hierfür die Information bekommen, wo die Interdentalpapille später sein soll. Damit konnte er den Präparations- respektive Kronenrand so gestalten, dass dieser subgingival zu liegen kam. Wir hatten in diesem Fall nach labial eine Weichgewebshöhe von zirka drei Millimetern. Das bedeutete, dass der Zahntechniker den Kronenrandverlauf so anlegte, dass dieser labial einen Abstand zur Implantatschulter von zwei Millimetern aufwies. Approximal konnte der Abstand zur Implantatschulter vier Millimeter betragen. Durch diesen geschwungenen Präparationsrand der Abutments erreichten wir ein natürlich erscheinendes Austrittsprofil. Die Abutments wurden mit einem Durchmesser von 5.0 mm und damit in Platform Switching-Konfiguration eingesetzt (Abb. 14a und 14b). Abb. 13: Postoperatives Kontrollröntgenbild. Abb. 14c und 14d: Langzeitprovisorium regio 12 bis regio 22. Regio 22 war als Extensionsbrückenglied gestaltet. Abb. 14a und 14b: Der Präparationsrand der Abutments war so angelegt, dass dieser labial einen Abstand zur Implantatschulter von zwei Millimetern und approximal von vier Millimetern aufwies. Die Abutments hatten einen Durchmesser von 5.0 mm (Platform Switching). Abb. 12a: Nach Einbringen des Bindegewebstransplantats wurden die PEEK-Abutments wieder eingegliedert. Abb. 12b: Das Schalenprovisorium wies keinerlei statische und dynamische Okklusionskontakte auf. Zahn 22 wurde durch ein Extensionsbrückenglied ersetzt. Abb. 14b Abb. 14c Abb. 14d Abb. 14a 5

Im Falle von Sofortimplantaten, die intraoperativ versorgt werden, können etwas engere Implantatabstände gewählt werden als allgemein gültig (hier: 2,5 mm im Bereich der Implantatschulter) und wir brauchen die von Tarnow aufgestellte Regel (min. 5 mm Abstand vom krestalen Knochenrand bis zum approximalen Kontaktpunkt) nicht dogmatisch einzuhalten. Dieser Abstand kann unter den wie hier gegebenen Voraussetzungen auch sechs Millimeter betragen (altersgerechte Papillen). Zwei Tage post OP Zwei Tage post OP wurde die Patientin zur Wundkontrolle einbestellt (Abb. 15a). Beim selben Termin wurden das Schalenprovisorium abgenommen (Abb. 15b) und die Provisorischen Abutments entfernt. In den wieder blutenden Implantatsulkus wurden die definitiven Abutments eingesetzt (Abb. 15c). In der Wunde hatte noch keine Epithelialisierung stattgefunden. Dies führte zu einer fibrinartigen Verklebung des vitalen Gewebes mit der Zirkonoxidkeramik. Im Rahmen der Heilung bekamen die Hemidesmosomen direkten Kontakt zur Zirkonoxidkeramik und es entstand ein enger epithelialer Verbund zwischen dem Restaurationsmaterial und dem Saumepithel. Bei einem späteren Einsetzen der Abutments, beispielsweise nach einer Woche, wäre die Epithelialisierung des Weichgewebes im Bereich des Austrittsprofils weiter fortgeschritten gewesen und eine periimplantäre Tasche entstanden. Dieses Vorgehen bedingte gleichzeitig, dass die zwei Tage post OP eingesetzten definitiven Keramik-Abutments nicht mehr entfernt wurden. Würde man dies tun, entstünde jedes Mal eine Wunde, die epithelialisiert und einen Attachmentverlust bis hin zu einer möglichen Taschenbildung zur Folge hätte. Abrahamsson et al. [1] haben gezeigt, dass ein häufiger Abutmentwechsel einen Einfluss auf das Weichgewebsniveau hat. Wenn man die Abutments fünf Mal aus- und einschraubt, muss mit zusätzlich 1,5 mm Weichgeweberezession gerechnet werden. Wenn man das Abutment nur einmal wechselt, wie in dem hier vorgestellten Fall zwei Tage post OP, bleibt das Weichgewebsniveau stabil [2]. Die definitiven Abutments wurden mit „Handkraft“ (ca. 10 Ncm) angezogen und die Schraubenkanäle mit Wachs verschlossen. Anschließend wurde das Langzeitprovisorium mit einem möglichst festen Zement eingesetzt, da dies von der Patientin nun für zirka ein Jahr getragen wurde (Abb. 15d). Die Patientin bekam für einen Zeitraum von zirka vier bis sechs Wochen eine Schutzschiene, die keinen Kontakt zum Langzeitprovisorium aufwies. Die Schutzschiene wurde von der Patientin Tag und Nacht getragen und sollte sicherstellen, dass weder Lippen- oder Zungendruck, noch der Speisebolus Druck auf das Langzeitprovisorium und damit auf die Implantate ausübten. Im postoperativen Röntgenbild (Abb. 15e) war zu erkennen, wie tief die Implantate gesetzt wurden. Das periimplantäre Knochenniveau lag in dieser Projektion annähernd auf Höhe der Kronenränder, und die Implantatschulter befand sich im Approximalbereich zirka fünf Millimeter infrakrestal. Eine moderate periimplantäre Knochenremodellation auf Höhe der Kronenränder war unvermeidbar. Der Mikrospalt lag allerdings in einer Zone, die aufgrund des bindegewebigen Attachments für Bakterien kaum zugänglich ist. Eine Minimierung der Mikrobewegungen aufgrund der präzisen Tube-in-Tube™ ImAbb. 15a Abb. 15b Abb. 15a und 15b: Wundkontrolle zwei Tage post OP. Abb. 15d: Situation mit eingesetztem Langzeitprovisorium, das ein Jahr lang im Mund verblieb. Abb. 15e: Im postoperativen Röntgenbild war zu erkennen, wie tief die Implantate gesetzt wurden. Das periimplantäre Knochenniveau lag annähernd auf Höhe der Kronenränder, und die Implantatschulter befand sich im Approximalbereich zirka fünf Millimter infrakrestal. Abb. 15c: Die Provisorischen Abutments wurden entfernt und in den nun wieder blutenden Implantatsulkus die definitiven Abutments eingesetzt. Diese wurden mit „Handkraft“ (ca. 10 Ncm) angezogen. 6

PRAXISFALL plantat/Abutment-Verbindung und die Tatsache, dass das Abutment nicht mehr abgenommen wurde, sorgten dafür, dass diese Zone biologisch stabil blieb und der Knochen interimplantär auf hohem Niveau erhalten werden konnte. Durch die Sofortimplantation bzw. die Zahnextraktion und den damit verbundenen Verlust an bukkaler Kortikalis wird es in den folgenden zwölf Monaten zu einer moderaten Knochenremodellation im Bereich der Kronenränder von zirka zwei Millimetern kommen. Des Weiteren wird sich im Zeitraum von bis zu sechs Monaten im Rahmen der Heilung eine Weichgeweberezession von 0,4 bis 0,85 mm [3, 4] und bei einem Jahr von zirka einem Millimeter [5] einstellen. Die Papille wird sich aber innerhalb von einem bis zu drei Jahren wieder regenerieren, wenn sie hierzu die notwendige Ruhe bekommt [5, 6, 7, 8]. Im ersten Jahr nach Implantatinsertion wurde deshalb lediglich der klinische Verlauf kontrolliert (Abb. 16 bis 18). Die definitiven Restaurationen - ein Jahr nach Belastung Nach zwölf Monaten wurde das Langzeitprovisorium erstmals abgenommen (Abb. 19). Klinisch waren nun das maturierte Weichgewebe und die gestippelte Gingiva sehr gut zu erkennen. Zwischen den Implantaten regio 11 und 21 kam die ausgereifte Pseudo-Papille zur Geltung. Eine sehr vorsichtige, punktuelle KontrollSondierung wurde von der Patientin als unangenehm empfunden. Das bedeutete, dass sich zwischen Abutment und Saumepithel keine Tasche ausgebildet hatte, da eine dichte Anhaftung des Weichgewebes an die Zirkonoxidkeramik besteht. Entscheidend für die Anhaftung des Weichgewebes an das Abutment ist auch das Abutmentmaterial. Bei Titan, Aluminiumoxid und Zirkoniumoxid kommt es zu einer hemidesmosomalen Anhaftung [9, 10, 11]; bei Goldlegierungen, Verblendkeramik und Kunststoffen hingegen nicht [9, 10, 11]. Die optimale Oberflächenrauhigkeit im Bereich des Austrittsprofils ist noch nicht abschließend erforscht, bzw. die bisherigen Studien kommen zu keiner einheitlichen Empfehlung [12, 13]. Aus dem ebenfalls zwölf Monate post OP angefertigten röntgenologischen Kontrollbild (Abb. 20) war ersichtlich, dass der Knochen zwischen den Implantaten auf die Implantatschulter gewachsen war. Abb. 16 Abb. 16 bis 18: Klinische Verlaufskontrolle nach drei, sechs und zwölf Monaten. In dieser Zeit war es wichtig, dem Weichgewebe Ruhe zur Regeneration zu lassen. Abb. 20: Kontrollröntgenbild zwölf Monate post OP bzw. nach Belastung. Der Knochen liegt zwischen den Implantaten stabil auf der Implantatschulter auf. Abb. 19: Situation zwölf Monate post OP ohne Langzeitprovisorium. Das Weichgewebe war maturiert und die Gingiva gestippelt. Abb. 17 Abb. 18 7

8 Wissenschaft Abb. 22a und 22b: Der klinische und röntgenologische Status zwei Jahre nach Belastung. Zur Anfertigung der definitiven Restaurationen wurden die Keramik-Abutments regio 11 und 21 nicht mehr abgenommen, sondern mithilfe von laborgefertigten Übertragungskäppchen aus Pattern Resin abgeformt. Diese wurden schon vor zwölf Monaten im Zuge der Herstellung der Abutments angefertigt. Im Labor wurden die Abutments dupliert, um diese nach der Abformung in die Übertragungskäppchen reponieren zu können. Nach Anfertigung der Zirkonoxid-Kronengerüste und der keramischen Verblendungen wurden die vollkeramischen Restaurationen mit Glasionomerzement einzeln befestigt (Abb. 21). Zwei, drei und vier Jahre nach Belastung Aus Abbildung 22 ist der klinische und röntgenologische Status zwei Jahre post OP und damit zwei Jahre nach Belastung ersichtlich. Es ist klar zu erkennen, dass im Vergleich zum Ein-Jahres-Status keine weitere Knochenresorption stattgefunden hat. Der Knochen liegt unverändert auf der Implantatschulter auf. Drei und vier Jahre nach Belastung zeigt sich radiologisch das gleiche Bild und auch klinisch ist die Weichgewebspapille unverändert erhalten (Abb. 23 und 24). Fazit In der zahnärztlichen Implantologie haben sich verschiedene Verfahren und Techniken für einen möglichst optimalen und langfristigen Erhalt des Hart- und Weichgewebes etabliert. Die hier vorgestellte Kombination verschiedener interdisziplinärer Techniken wie Sofortimplantation, partielle Socket Preservation, mikrochirurgische Techniken, Sofortversorgung, Platform Switching, reduzierter Abutmentwechsel und das frühzeitige Einsetzen der definitiven Zirkonoxid-Abutments stellen eine Möglichkeit dar, die bei strenger Indikationsstellung die Wahrscheinlichkeit eines optimalen Gewebeerhalts erhöht. Für die zahntechnische Ausführung bei diesem Patientenfall bedanke ich mich bei ZTM Hans-Joachim Bock, Baden-Baden. Abb. 21b Abb. 21c Abb. 22b Abb. 21b und 21c: Okklusalansichten des Ober- und Unterkiefers mit den befestigten vollkeramischen Restaurationen. Abb. 21d: Frontalansicht nach dem Befestigen der Vollkeramikkronen. Abb. 21a: Klinische Situation vor dem Befestigen der Einzelzahnrestaurationen. Abb. 22a

9 Wissenschaft Dr. S. Marcus Beschnidt Privatpraxis für Zahnheilkunde Lichtentaler Allee 1 76530 Baden-Baden Telefon: 07221 3939719 E-Mail: info@beschnidt.com Website: www.beschnidt.com Niedergelassen in privatzahnärztlicher Praxis in Brenner´s Park-Hotel & Spa, Baden-Baden. Spezialist für Prothetik (DGZPW). Zertifizierung im Fach Implantologie (DGI) und Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie (BDIZ EDI). Active Member der European Academy of Esthetic Dentistry (EAED). Zahlreiche wissenschaftliche Publikationen und Vorträge im In- und Ausland. Literatur [1] Abrahamsson I, Berglundh T, Lindhe J: The mucosal barrier following abutment dis/reconnection. An experimental study in dogs. J Clin Periodiontol 1997 Aug;24(8):568-572. [2] Abrahamsson I, Berglundh T, Sekino S, Lindhe J: Tissue reactions to abutment shift: an experimental study in dogs. Clin Implant Dent Relat Res. 2003;5(2):82-88. [3] Small PN, Tarnow DP: Gingival recession around implants: a 1-year longitudinal prospective study. Int J Oral Maxillofac Implants. 2000 JulAug;15(4):527-532. [4] Kan JY, Rungcharassaeng K, Umezu K, Kois JC: Dimensions of peri-implant mucosa: an evaluation of maxillary anterior single implants in humans. J Periodontol 2003 Apr;74(4):557-562. [5] Grunder U: Stability of the mucosal topografy around single-tooth implants and adjacent teeth: 1-year results. Int J Periodontics Restorative Dent. 2000 Feb;20(1):11-17. [6] Jemt T: Regeneration of gingival papillae after single-implant treatment. Int J Periodontics Restorative Dent. 1997 Aug;17(4):326-333. [7] Schropp L, Isidor F, Kostopoulos L, Wenzel A : Interproximal papilla levels following early versus delayed placement of single-tooth implants : a controlled clinical trial. Int J Oral Maxillofac Implants. 2005 Sep-Oct,20(5).753-761. [8] Cardaropoli G, Lekholm U, Wennström JL : Tissue alterations at implant-supported single-tooth replacements: a 1-year prospective clinical study. Clin Oral Implants Res. 2006 Apr;17(2):165-171. [9] Abrahamsson I, Berglundh T, Glantz PO, Lindhe J: The mucosal attachment at different abutments. An experimental study in dogs. J Clin Periodontol. 1998 Sep;25(9):721-727. [10] Welander M, Abrahamsson I, Berglundh T: The mucosal barrier at implant abutments of different materials. Clin Oral Implants Res. 2008 Jul;19(7): 635-641. [11] Linkevicius T, Apse P: Influence of abutment material on stability of peri-implant tissues: a systematic review. Int J Oral Maxillofac Implants. 2008 May-Jun;23(3):449-456. [12] Abrahamsson I, Zitzmann NU, Berglundh T, Linder E, Wennerberg A, Lindhe J: The mucosal attachment to titanium implants with different surface characteristics: an experimental study in dogs. J Clin Periodontol. 2002 May;29(5):448-455. [13] Abrahamsson I, Soldini C: Probe penetration in periodontol and peri-implant tissues. An experimental study in beagle dog. Clin Oral Implants Res. 2006 Dec;17(6):601-605. Abb. 23a und 23b: Der klinische und röntgenologische Status drei Jahre nach Belastung. Abb. 24a und 24b: Der klinische und röntgenologische Status vier Jahre nach Belastung. Im Vergleich zum Ein-Jahres-Status hat keine weitere Knochenresorption stattgefunden. Die weichgewebige Situation ist klinisch stabil. Abb. 24b Abb. 23b Abb. 23a Abb. 24a

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