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logo 47 | das Camlog Partnermagazin 10 | Wissenschaft » Im Juni und August 2020 wurden von der Universität Bern zwei Artikel aus präklinischen Studien publiziert, die zum einen die Adsorption und Freisetzung von Wachstumsfaktoren und zum anderen das Wundheilungspotenzial primärer humaner Fibroblasten und parodontaler Ligamentzellen auf vier unterschiedlichen handelsüblichen Kollagen-Matrices porcinen Urspungs untersuchte. Die Redakteurin des Dental Magazins, Anne Barfuß, nahm dies zum Anlass mit Prof. Dr. Dr. Anton Sculean und Dr. Mariya Asparuhova, Leiterin des Labors der Universität Bern, ein Interview zum Einsatz von Bindgewebsersatzmaterialien zu führen. Der Original-Beitrag ist hier in Teilen wiedergegeben. Herr Professor Sculean, welche Bedeutung hat ein effektives Weichgewebsmanagement für den implantologischen Behandlungserfolg? Sculean: Das Weichgewebsmanagement ist ein wichtiger Punkt, nicht nur für die Ästhetik, sondern vor allem für die Funktion. Denn die Schleimhaut um Implantate ist sehr häufig beweglich, sowohl im anterioren (sog. ästhetischen) als auch im posterioren Bereich. Das kann unter Umständen die Durchführung einer adäquaten Mundhygiene erschweren und dadurch die Akkumulation von Bakterien (sog. Biofilm) begünstigen mit der Folge einer Entzündung (sog. periimplantäre Mukostitos), und kann eventuell zu einer Infektion (sog. Periimplantitis) führen. Das gefährdet natürlich den Erhalt des periimplantären Knochens. Welche Möglichkeiten bieten sich an? Sculean: Goldstandard ist nach wie vor, die Weichgewebsaugmentation mit einem Bindegewebstransplantat aus dem Gaumen durchzuführen. Das autologe Transplantat enthält lebende Zellen und Wachstumsfaktoren, die die befestigte Mukosa wiederherstellen können. Alternativ lässt sich mit Bindegewebsersatzmaterialien, wie Kollagen-Matrices arbeiten. Diese können Wachstumsfaktoren aus der Wunde aufnehmen und als Reservoir für diese dienen. Darüber hinaus können Kollagen-Matrices das Blutkoagulum stabilisieren und quasi als Leitschiene für die umgebenen Zellen fungieren. Rekonstruktive dermale Gewebematrizes per se sind nichts Neues. Was hat sich da getan? Sculean: Biokompatibel und gewebeverträglich sind praktisch alle. Die Unterschiede liegen in der Verarbeitung: Einige werden bearbeitet, sind chemisch quervernetzt, bei anderen wird die natürliche Struktur der Dermis erhalten. Dann gibt es dehydrierte und hydrierte Matrices etc. Welche bevorzugen Sie? Sculean: Das ist indikationsabhängig. Fakt aber ist: Hydrierte Bindegewebsersatzmaterialien lassen sich leichter verarbeiten, die Handhabung ähnelt der des autologen Gewebes vom Gaumen. Das ist für den Kliniker enorm wichtig, um die Matrix im Praxisalltag unkompliziert nutzen zu können. Ist das denn ein Problem? Sculean: Durchaus, einige Matrices lassen sich kaum vernähen. Sie zerbröckeln, obwohl sie biokompatibel sind. Unsere aktuellen in vitro-Untersuchungen, die unsere Laborleiterin Dr. Mariya Asparuhova zur Adsorption und Freisetzung von Wachstumsfaktoren auf Kollagen-Matrices durchgeführt hat, zeigen, dass eine neue hydrierte dermale Matrix Wachstumsfaktoren über einen Zeitraum von 13 Tagen in die Wunde abgibt. Das ist sehr beachtlich. Bei dieser Matrix ist ein früher Burstfreisetzungspeak nach einer Stunde und drei Tagen und im Gegensatz zu anderen ein zusätzlicher Peak an Tag neun beobachtet worden. Das heißt? Sculean: Dass diese Matrix in den ersten, kritischen Phasen der Wundheilung, das sind stets die ersten zwei Wochen, eine biologische Aktivität ausübt: Die Wachstumsfaktoren werden an Ort und Stelle gehalten bzw. freigesetzt. Die mechanische Stabilität der Matrix zieht Zellen aus der Umgebung praktisch an – die Zellen besiedeln die Matrix. Frau Dr. Asparuhova, was leisten Kollagen-Matrizes? Asparuhova: Die Kollagen-Matrizes sind in der Lage, das Blutkoagulum zu stabilisieren. Sie stimulieren die Migration von Zellen in den verletzten Bereich und fördern durch die Freigabe der Wachstumsfaktoren die Wundheilung (sog. Zellproliferation). Sie binden effizient Proteine. Dabei kann es sich um Wachstumsfaktoren handeln, die in den die verletzte (Defekt-)Stelle umgebenden Flüssigkeiten und Geweben vorhanden sind, oder um Wachstumsfaktoren, die von den in das Matrixkompartiment angezogenen Zellen de novo gebildet werden, oder um Wachstumsfaktoren, die der Matrix vor ihrer Platzierung an der Defektstelle exogen zugesetzt werden. Was gilt es in diesem Zusammenhang herauszufinden ? Asparuhova: Welches Bindegewebsersatzmaterial für welche Indikation die bessere Leistung erbringt. Wie lässt sich das ermitteln? Asparuhova: Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir Grundlagen- und klinische Forschung miteinBindegewebsersatz: enorme Fortschritte WISSENSCHAFT Prof. Dr. Anton Sculean: „Eine neue hydrierte dermale Matrix gibtWachstumsfaktoren über einen Zeitraum von 13Tagen in dieWunde ab.“

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