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logo 42 • das CAMLOG Partner-Magazin • Juli 2018 logo 42 • das CAMLOG Partner-Magazin • Juli 2018 22 23 Dr. Dominik Emmerich, Ravensburg FESTSITZENDE SOFORTREHABILITATION DIE VERSORGUNG UNBEZAHNTER KIEFER MITHILFE EINES MODIFIZIERTEN PRAXISKONZEPTS Abb. 1: Der Situs einer insuf zienten Unterkiefer-Brückenversorgung. Sofort feste Zähne ist ein immer häu ger geäußerter Patientenwunsch nach multiplem Verlust der eigenen Zähne. Dazu kommen Anforderungen nach kostenef zienten Versorgungen in möglichst wenig Behandlungssitzungen. Im vorliegenden Fall wird ein praxiseigenes Konzept mit einer speziellen Schablonentechnik zur Sofortversorgung des Unterkiefers nach Extraktion der nichterhaltungsfähigen Zähne vorgestellt. Die Rekonstruktion unbezahnter Kiefer mit Implantaten durch Sofortversorgung ist in der Geroprothetik eine fundierte Behandlungsoption [1]. Festsitzende, okklusal verschraubte Brücken auf vier oder mehr Implantaten werden durch das von Prof. Dr. Paolo Maló bekannt gewordene Konzept für zahnlose Patienten immer häu ger favorisiert [2;3]. Voraussetzung bei einer Sofortversorgung ist die primärstabile Verankerung (30 Ncm) von mindestens drei Implantaten. In unserem Praxiskonzept haben wir die Therapieoption einer festsitzenden prothetischen Rekonstruktion auf mindestens vier Implantaten integriert [4] und entsprechend dem Wunsch vieler Patienten versucht, die Behandlungstermine auf ein Minimum zu reduzieren. Mithilfe eines kombinierten Bissnahme/Abformlöffels ist aufgrund der Verblockung der Abformpfosten die Eingliederung eines Langzeitprovisoriums mit Sofortbelastung innerhalb von 12 Stunden und/oder einer de nitiven Komposite-Brücke im Sinne einer Frühbelastung innerhalb von 14 Tagen [5] möglich. Besteht der Wunsch nach einer metall- oder vollkeramischen Versorgung, erfolgt die Herstellung des de nitiven Zahnersatzes nach zirka dreimonatiger Einheilzeit der Implantate und Abheilung des Weichgewebes. Falls die Primärstabilität nicht an mindestens drei Implantaten 30 Ncm beträgt oder andere Risikofaktoren wie beispielsweise Bruxismus vorliegen, wird der de nitive Zahnersatz erst nach der Implantateinheilung eingegliedert. Da die postoperative Abformung mit verblockten Abformpfosten erfolgt, kann das erstellte Meistermodell sowohl für die Herstellung des Provisoriums als auch des de- nitiven Zahnersatzes verwendet werden. Fallvorstellung, Planung und Therapieentscheidung Eine 64-jährige Patientin stellte sich mit einer Parodontitis marginalis profunda und einem prothetisch insuf zient versorgten Gebiss in der Praxis vor (Abb. 1). Im Beratungsgespräch bezüglich der Therapieoptionen zur prothetischen Sanierung äußerte sie, dass für sie im Unterkiefer nur ein festsitzender Zahnersatz in Frage komme. Der Oberkiefer solle zunächst mit einer neuen Totalprothese und zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls mit Implantaten versorgt werden. Trotz Aufklärung über die Möglichkeit des Erhalts der meisten Unterkiefer-Restzähne (Wurzelkanalbehandlung an 44, geschlossene PA, offene PA an allen Zähnen mit Resttaschen > 4 mm, apikale Verschiebelappen mit Osteoplastik an zumindest 34 und 35 sowie gegebenenfalls regenerative PA-Behandlung an 44 und 45) war ihr Wunsch eine rein implantatgetragene Rekonstruktion, da sie das Vertrauen in ihre eigenen Zähne verloren hatte (Abb. 2). Als Angstpatientin suchte sie nach einer Therapieoption, in möglichst wenigen Sitzungen einen de nitiven, festsitzenden Zahnersatz zu erhalten. Die Patientin betonte, dass sie die Praxis nie ohne Zähne verlassen wolle. Um die Möglichkeit einer Sofortimplantation mit Sofortversorgung zu veri zieren, entschied sich die Patientin dazu, beim ersten Besuch in unserer Praxis, eine digitale Volumentomogra e und Abklärung des dreidimensionalen Knochenangebotes durchführen zu lassen: Eine ausreichende Kieferkammbreite war durch Resektion des Kieferkamms erzielbar. Die Knochenhöhe über dem Foramen mentale betrug mehr als sechs Millimeter (Abb. 3 und 4). Aufgrund des Patientenwunsches einer möglichst raschen de nitiven Versorgung wurde der Patientin eine fest verschraubte Implantatlösung auf fünf Implantaten empfohlen. Hierbei sollte ein okklusal verschraubtes Vollkunststoff-Brückenprovisorium unmittelbar postoperativ eingegliedert werden. Im Sinne einer Frühbelastung sollte der Patientin bei der Nahtentfernung nach zirka 14 Tagen eine de nitive, okklusal verschraubte kunststoffverblendete Brücke mit Metallgerüst eingesetzt werden. Vorbereitung der prothetisch-chirurgischen Behandlung (1. Termin nach Therapieentscheidung) Zunächst wurden Modelle in zentrischer Kondylenposition (RKP) benötigt. Hierfür wurde die Oberkieferprothese im praxiseigenen Labor in einen glasklaren individuellen Löffel dubliert. Mit diesem erfolgte nach Randgestaltung eine Unterfütterungsabformung zur Herstellung des Oberkiefer-Meistermodells, auf dem die neue Oberkiefer-Totalprothese hergestellt werden sollte. Gleichzeitig konnte auf den Oberkieferschneidezähnen dieser GlasklarProthese ein Frontzahn-Jig für die RKPBissnahme angebracht werden. Die RKPBissnahme wurde mit GC-Bite-Compound durchgeführt. Zusammen mit einer Unterkiefer-Alginatabformung ermöglichte dies, nach der ersten Behandlungssitzung (ohne Wachswallherstellung und weiteren Behandlungstermin) einartikulierte Modelle in RKP zu montieren. Ästhetikeinprobe (2. Termin nach Therapieentscheidung) Aus ästhetischen und funktionellen Gründen ist bei Totalsanierungen zunächst der Oberkiefer mittels Wax-up, Mock-up und/ oder Wachsaufstellung ideal zu planen (Abb. 5). Daher wurde auf dem Oberkiefer-Meistermodell die Oberkieferprothese nach funktionellen und ästhetischen Kriterien aufgestellt. Nach der Wachseinprobe und Überprüfung von statischer und dynamischer Okklusion (Eckzahnführung) wurden minimale ästhetische Korrekturen vorgenommen. Nun konnte die Herstellung des individuellen Abform- und Bissnahmelöffels für den chirurgischen Eingriff erfolgen (Abb. 6). Präimplantologische Maßnahmen im Labor Im Labor wurden die Unterkieferzähne des Situationsmodells radiert. Das Set-up des Unterkiefers erfolgte gegen die neue Oberkieferwachsaufstellung. Die fertiggestellte Oberkieferprothese wurde zusätzlich in eine Glasklar-Prothese dubliert. Beide Prothesen passten somit auf das gleiche Oberkiefer-Meistermodell. Anschließend erfolgte die Herstellung des individuellen Abform-/Bissnahmelöffels. Dieser entsprach einer dublierten Unterkieferprothese (siehe Abb. 6) mit: • ausgedehnten Sätteln (Schneeschuhprin- zip) in regio 36 bis 38 sowie 46 bis 48, • drei tiefen farbigen Einbissen in regio 36, 31/41 und 46 sowie • zwei Kamine in regio 35 bis 31 und 41 bis 45 für die offene Abformung der Implantate. Die tiefen farbigen Einbisse wurden so gestaltet, dass sie sich mit der Oberkiefer-Glasklar-Prothese bei der Bissnahme sicher verschlüsseln ließen. Die Schneeschuhsättel in regio 38 bis 36 und 46 bis 48 dienen lediglich als vertikaler Stopp beim Zubeißen der Patientin während der gleichzeitigen Abformung und Bissnahme. Die COMFOUR® Titankappen wurden im Labor für die spätere Verblockung im Mund mit Kunststoff ummantelt und anhand der Kauebene die entsprechend langen Schrauben für die offene Abformung ausgewählt. Tag der OP (3. Termin nach Therapieentscheidung) Der chirurgische Eingriff erfolgte unter intravenöser Sedierung mit Dormikum. Zunächst wurden die Zähne extrahiert und ein Volllappen mit distalen Entlastungsschnitten in regio 36 und 46 präpariert. Um einen der Implantatdurchmesser entsprechend breiten Kieferknochen zu erhalten, wurde der Alveolarknochen eingeebnet. Die Vergrößerung des Belastungspolygons erfolgte durch die schräge (30 Grad) Insertion (Abb. 7) der beiden distalen Implantate regio 35 und 45 im Abb. 3: Die digitalte Volumentomogra e zur Evaluierung der Knochenhöhe und -dicke. Abb. 4: Die Knochenhöhe über dem Foramen Mentale betrug mehr als sechs Millimeter. Abb. 5: Das Wax-up der Oberkiefertotalprothese zur Verbesserung von Ästhetik und Funktion. Abb. 6: Der nach dem Schneeschuh-Prinzip erstellte individuelle Abform- und Bissnahmelöffel. PRAXISFALL PRAXISFALL Abb. 2: Die röntgenologische Darstellung der Ausgangssituation. Abb. 7: Die im 30° Winkel durchgeführte Insertion des distalen Implantats in regio 45/46.

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