Partnermagazin logo 40

logo 40 • das CAMLOG Partner-Magazin • Juni 2017 logo 40 • das CAMLOG Partner-Magazin • Juni 2017 20 21 PRAXISFALL PRAXISFALL VERMEINTLICH GLEICHES FUNKTIONIERT NICHT GLEICH: INDIVIDUELLE ZWEITEILIGE ABUTMENTS TEIL 3: ABUTMENT-HYGIENE – REINIGUNG DER IMPLANTATPROTHETISCHEN AUFBAUTEN Dr. Peter Gehrke, Ludwigshafen, ZT Carsten Fischer, Frankfurt a. M. Die Autoren beschäftigen sich seit mehr als zehn Jahren mit CAD/CAM-Abutments und haben mit ihren Arbeiten und Publikationen zu einem Paradigmenwechsel beigetragen. In dieser dreiteiligen Artikelserie fassen sie ihre Erfahrungen zusammen. Nachdem im ersten Teil die Fertigungspräzision beschrieben worden war, beschäftigten sie sich im Teil 2 mit der Oberflächen-Topografie. Im Teil 3 gehen sie nun auf die AbutmentHygiene respektive die Reinigung ein. Vorgestellt wird eine praxisnahe Vorgehensweise. Die brisante Diskussion über klinisch notwendige und praktisch sinnvolle Aufbereitungs- und Reinigungsverfahren von Implantataufbauten wird auf vielen Ebenen geführt. Warum? Individuelle Abutments sind Medizinprodukte, die als überwiegend semikritisch eingestuft werden (Robert-Koch-Institut, RKI). Demnach ist eine valide Reinigung vorgeschrieben. Das übliche Abdampfen ist nicht ausreichend und verfehlt die normativ geforderte Desinfektionswirkung [3]. Hier müssen die zahntechnischen und/oder zahnärztlichen Arbeitsprozesse überdacht und ggf. neu aufgestellt werden. Der EADT e.V. hat jüngst die Zusammenfassung einer Expertendiskussion zum Thema veröffentlicht und ausführlich die aktuelle Studienlage zu den verschiedenen Möglichkeiten dargelegt [4]. Auch wenn es auf viele Fragen noch keine ausreichenden Antworten gibt und intensiver Forschungsbedarf besteht, darf die Problematik nicht negiert werden. Das Behandlungsteam muss sich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass implantatprothetische Aufbauten nicht ungereinigt in den Mund eingebracht werden sollten. In diesem Artikel wird ein möglicher Workflow zwischen Praxis und Labor vorgestellt. Oberflächen-Topografie Rückblickend auf Teil 2 der Artikelserie sei in diesem Zusammenhang noch einmal die Oberflächentopografie erwähnt. Für die optimale Anhaftung der periimplantären Mukosa spielt die Oberfläche des Implantataufbaus im transmukosalen Bereich eine entscheidende Rolle. Eine zu raue Oberfläche birgt die Gefahr erhöhter Plaqueanlagerung. Ist die Oberfläche zu glatt, können die Fibroplasten der periimplantären Mukosa nicht optimal „anwachsen“. Die Studienlage geht davon aus, dass es einen Schwellenwert gibt, bei dem die Bakterien- und Plaqueanlagerung an der Oberfläche gering ist und zugleich eine Anlagerung der Fibroplasten unterstützt wird. Als ideale Oberfläche gilt ein mittlerer Rauwert (in μm: Ra = 0,21–0,40) (Abb. 1). Wir bearbeiten den basalen Bereich mit speziellen diamantierten Gummipolierern (sirius ceramics, Frankfurt/Main) und erhalten somit einen Ra-Wert bei Panther Lense 260 smooth von 0,32 μm; der nachgewiesene Standard für eine optimale Gewebeanlagerung. Haben wir diesen Schwellenwert erreicht, steht im Anschluss die Reinigung der Abutments (Medizinprodukt) im Fokus. Problematik Welche Infektionsgefahr für den Patienten von ungenügend desinfizierten oder sterilisierten Abutments ausgeht, kann gegenwärtig nicht eindeutig beantwortet werden. Initiale Studien zeigen jedoch, dass nicht adäquat aufbereitete Abutments zu einem verstärkten periimplantären Knochenabbau führen könnten [1]. Zunächst sollte der behandelnde Zahnarzt entscheiden, ob der Implantataufbau als semikritisches oder kritisches Medizinprodukt einstuft wird. • Semikritisch: Das Abutment steht in Kontakt mit der Schleimhaut. Eine Rei- nigung und Desinfektion des Abuments ist nach RKI-Richtlinien notwendig. • Kritisch: Das Abutment durchdringt die Haut oder Schleimhaut und hat Kontakt mit Blut bzw. inneren Geweben. Eine Sterilisation des Abutments ist nach RKI-Richtlinien notwendig (z.B. bei Sofortfunktion von Implantaten). Bei der Abutment-Hygiene gilt es, zwischen der Reinigung, Desinfektion und Sterilisation zu unterscheiden [4]. Als Reinigung wird das Beseitigen von Schmutz (Blut, Eiweiß, Oberflächenkontamination) bezeichnet. Die Desinfektion bezeichnet das Reduzieren von pathogenen Keimen (bakterielle Sporen werden durch Desinfektionsverfahren mit Wasserdampf nicht inaktiviert). Validierte Sterilisationsverfahren inaktivieren, sofern sie geltenden Normen entsprechen, bakterielle Sporen (vegetative Bakterien, Viren und Pilze werden inaktiviert). Nicht eindeutig nachgewiesen ist, welchen Einfluss die Sterilisierung von keramischen Abutments bei feuchter Hitze auf das Gefüge hat. Es gibt also trotz existierender Hygienestandards bei der Reinigung von implantatprothetischen Bauteilen zwischen Zahnarztpraxis und Dentallabor eine Grauzone. Mit einem aufeinander abgestimmten Arbeitsprotokoll kann ein nach den heutigen Erkenntnissen reines Abutment in den Patientenmund eingegliedert werden (Abb. 2 bis 8). Wer? Wann? Wofür? Diese Verantwortungen sollten innerhalb des Teams geklärt sein. Status quo der Abutment-Hygiene Auf Implantataufbauten – egal ob individuell oder konfektioniert – können Verunreinigungen auftreten, die ein langzeitstabiles Ergebnis infrage stellen. In einer Studie [2] wurde festgestellt, dass durch das reine Abdampfen des Abutments verschiedenste Bearbeitungspartikel auf der Oberfläche verbleiben (Abb. 9). Makroskopisch sind diese kaum sichtbar, doch sie sind klinisch relevant und können Auswirkungen auf die periimplantären Strukturen haben [5]. Bei der Begutachtung der Oberflächenreinheit verschiedener Abutments wurde der Reinheitsgrad mittels rasterelektronischer Aufnahmen sowie chemischer Analysen bewertet. Hierbei wurden Zro2-Abutments untersucht. Die festgestellten Kontaminationen lassen die Forderung nach einer adäquaten Oberflächenbearbeitung und -reinigung in den Fokus rücken. Die massiven Ein- und Auflagerungen auf den unAbb. 1: Für die Oberfläche im basalen Anteil des Abutments wird ein mittlerer Rauwert von 0,21– 0,40 μm empfohlen. Der Sa-Wert bei Panther Lense 260 smooth 0,32 μm (Bild links). Abb. 2: Das reine Abdampfen des CAD/CAM-Abutments entspricht NICHT den Hygiene-Anforderungen für ein semikritisches Medizinprodukt. Abb. 3 bis 9: Die einzelnen Sequenzen beim Herstellen einer implantatprothetischen Krone im digitalen Workflow (inkl. intraloraler Scan in der OP-Phase). Das Emergenzprofil wurde zur Freilegung mit einem individuellen Healingabutment ausgeformt.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTE0MzMw