Defektregeneration – ein Casebook

Defektregeneration – ein Casebook Lösungen auf wissenschaftlicher Basis und unter Berücksichtigung individueller Präferenzen

Markus Stammen Geschäftsführer Sehr geehrte Leserinnen und Leser, wer Zähne verliert, wünscht sich einen guten Ersatz. Da sind Sie als Behandlerin oder Behandler gefragt – und wir als Ihr Industriepartner. Denn Sie verlassen sich auf die Bereitstellung klinisch erprobter Produkte, wie sich Ihre Patienten auf Ihr Wissen und Ihre Fähigkeiten verlassen. In der Implantattherapie ist der Erfolg, neben einer sorgfältigen Anamnese, einer profunden Diagnostik, eines interdisziplinären Behandlungsplans und abgewogenen Risikomanagements, abhängig von stabilen periimplantären Gewebestrukturen der Patienten. Wenn das native Knochenvolumen – beispielsweise, nach Knochenschwund, Parodontal-Erkrankungen, Zahnextraktionen oder Traumata – unzureichend ist, sind häufig Verfahren zur Knochenaugmentation erforderlich. Um eine funktionelle und ästhetische Basis für Implantate zu schaffen, bieten sich verschiedene rekonstruktive Therapieoptionen. Dabei sind die chirurgischen Techniken ebenso vielfältig wie die verfügbaren Bio- und Transplantatmaterialen. Welches Biomaterial das richtige für die jeweilige Indikation ist, lässt sich nicht einfach zu beantworten. Basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Regenerationsverhalten, gepaart mit Behandlungsverfahren, die auf jahrelanger Erfahrung beruhen, entwickelt jede Behandlerin und jeder Behandler eine individuelle Therapie zum Wohle des Patienten. Daraus resultieren unterschiedliche chirurgische Verfahren und Techniken zum Einsatz der Gewebeersatzmaterialen. Mit unserem Gesamtportfolio regenerativer Produkte können nahezu alle denkbaren Material- und Anwendungspräferenzen abgedeckt werden. Interessierte Leserinnen und Leser finden in dieser Publikation unterschiedliche Fälle, in denen unsere Autoren, die in ihrem Verständnis und Wissen beste Therapie für den Patienten gewählt haben. Welche Rolle dabei das regenerative Biomaterial spielt, wird in den unterschiedlichen Dokumentationen anschaulich und nachvollziehbar beschrieben. Alle Fälle sind auf Basis klinischer Erkenntnisse und individueller Präferenzen gelöst. Im Vordergrund stehen der Nutzen im Praxisalltag und die Anforderungen für den Einsatz der Biomaterialen ebenso wie die verschiedenen chirurgischen Techniken. Ziel ist, die Lebensqualität der Patienten mit ihren mehr oder weniger großen Zahnlücken und Hart- und Weichgewebedefekten zu verbessern oder wiederherzustellen. Grundlage hierfür sind unsere Camlog-Qualitätsprodukte: Implantate, prothetische Tools und Biomaterialien. Zuverlässig, innovativ, langzeitbewährt und wissenschaftlich belegt. Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und neue Erkenntnisse, die Ihren Praxisalltag erleichtern. Defektregeneration – ein Casebook | 3 Martin Lugert Geschäftsführer

4| Defektregeneration – ein Casebook

Sehr geehrte Leserinnen und Leser, das in dieser Form erstmalig aufgelegte Casebook zeigt in einer Sammlung von Fallberichten namhafter Autoren die mannigfaltigen Optionen für Defektregenerationen – mit wertvollen Hinweisen zu chirurgischen Konzepten und Techniken. Die Therapien der ausführlich dokumentierten Patientenfälle beruhen auf der jahrelangen Erfahrung und Expertise unserer Kunden und Autoren in den Bereichen der Hart- und Weichgeweberekonstruktion, Parodontologie und Implantologie. Zusätzliche Informationen zu indikationsspezifisch unterschied- lichem Regenerations-Verhalten der BioHorizons Camlog Biomaterialen sollen die Entscheidung für die Auswahl des jeweiligen Produkts in jedem individuellen Fall erleichtern. Dieses gesammelte Know-how an Sie als Leser und Kunden weitergeben zu wollen war für Martin Lugert und Markus Stammen der Anstoß für diese und eventuell weitere Veröffentlichungen, ausgerichtet auf hochaktuelle Thematiken mit starkem Praxisbezug. Einleitend gibt der Biologe Branislav Kostadinov anhand vielfältiger, wissenschaftlich fundierter Daten und Fakten einen aktuellen Überblick über die verschiedenen Biomaterialien und ihre Indikationen. Dem folgen, verdichtet auf jeweils zwei Seiten und mit erklärendem Bildmaterial unterlegt, Fallberichte namhafter Autoren, abgerundet mit ausführlichen Referenzen. Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle den Autoren für ihre immer konstruktive und entgegenkommende Zusammenarbeit sowie Oliver Ehehalt für sein offenes Ohr und seine bestärkenden Ratschläge. Die gestalterische Umsetzung lag in den Händen meiner Kollegin Kerstin Gerhardt. Und falls Sie in einer der nächsten Ausgaben gerne einen Fall publizieren möchten – melden Sie sich oder schicken ihn gerne an ingrid.strobel@camlog.com. Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit dieser Ausgabe. Ingrid Strobel (Verantwortliche Redakteurin) PS: Ausschließlich der sprachlichen Verständlichkeit wegen wurde in den Texten das sogenannte generische Maskulinum verwendet. Alleine kommt man nicht weit. Eine Reise ist viel angenehmer, wenn man Menschen an seiner Seite hat. Karan Patel Defektregeneration – ein Casebook | 5

6| Defektregeneration – ein Casebook Inhalt Einführung 9 Einführung Regenerative Materialien | Dipl. Biologe Branislav Kostadinov 9 Biomaterialen von BioHorizons Camlog 12 Praxisfälle 18 Präimplantologische Augmentation und Sofortversorgung Das Zusammenspiel der Suprakonstruktion und des Weichgewebes | PD Dr. Gerhard Iglhaut 18 Sofortversorgung mit simultanem Hart- und Weichgewebemanagement | Dr. Martin Brückner 20 Die GBR-Schalentechnik – präimplantolgoische Augmentation eines ausgeprägten Knochendefekts | Dr. Frederic Hermann, MSc. 22 Implantatrekonstruktion im jugendlichen Alter | Dr. Thabet Arar 24 Das periimplantäre Gewebemanagement bei klassischer Frontzahnimplantation | Dr. Dirk Krischik, MSc. 26 Augmentation im unbezahnten Kiefer Augmentation und Implantation im zahnlosen, parodontal defizitären Kiefer | Dr. Sangeeta Pai 28 Defektregenration mit der Schalentechnik Präimplantologische Augmentation eines ausgeprägten Knochendefekts | Dr. Stephan Beuer 30 Kieferkammrekonstruktion nach Explantation aufgrund ausgeprägter Periimplantitis | Prof. Dr. Dr. Daniel Rothamel 32 Seite 21 Seite 28 Seite 33 Seite 10

Defektregeneration – ein Casebook | 7 Kieferhöhlenaufbau und Kieferkammrekonstruktion 12-jahres Follow-up Sinusbodenelevation mit synthetischem Knochenersatzmaterial – 12 Jahre Follow-up. Teil I | Prof. Dr. Dr. Daniel Rothamel 34 Alveolarkammrekonstruktion mit synthetischem Knochenersatzmaterial – 12 Jahre Follow-up. Teil II | Prof. Dr. Dr. Daniel Rothamel 36 Seite 35 Seite 39 Seite 43 Kieferkammrekonstruktion kombinierter Knochendefekte mit Weichgewebemanagement Rekonstruktion des Kieferkamms und Weichgewebeverdickung bei kombinierten Knochendefekten | PD Dr. Gerhard Iglhaut 38 Weichgewebeverdickung – natürliche Revaskularisation mit NovoMatrix® | Andreas van Orten, DDS, MSc. MSc. 40 Rezessionsdeckung Modifizierte Tunneltechnik zur Deckung freiliegender Zahnhälse Dr. Roman Beniashvili 42 Multiple Rezessionsdeckung mit einer azellulären dermalen Matrix | Prof. Dr. Dr. Anton Sculean 44 Autoren 46 Literatur und Disclaimer 48

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Defektregeneration – ein Casebook | 9 Bis zu einer gewissen Knochendefektgröße kann der Kieferknochen ohne Unterstützung spontan abheilen. Sobald eine kritische Größe überschritten ist, muss der Knochendefekt mit entsprechenden Ersatzmaterialen aufgefüllt werden, um einen anatomisch ausgeformten Alveolarknochen zu erhalten und die Heilung zu unterstützen. Das Ziel jeder Technik zur Geweberegeneration und der Knochentransplantation ist es, die Bildung von lebendem und reaktivem Gewebe zu erreichen. Dieses sollte in der Lage sein, ein kontinuierliches Remodelling zu durchlaufen, um die mechanische und biologische Funktion über die Zeit aufrecht zu erhalten. Die Indikationen für augmentative Maßnahmen erstrecken sich vom Erhalt der Extraktionsalveolen, Defektaugmentationen einfacher und komplexer Alveolarkammdefizite, dem Sinusbodenaufbau bis zu umfangreichen horizontalen beziehungsweise vertikalen Kieferkammaufbauten. Der fehlende Knochen sollte so rekonstruiert werden, dass ein Implantat mit entsprechendem Durchmesser und Länge in der prothetisch korrekten Position eingesetzt werden kann, zudem das periimplantäre Weichgewebe entsprechend gestützt und ein ästhetisches Erscheinungsbild erreicht wird. Anforderungen an Biomaterialien Während autologe, hart- und weichgewebliche Transplantate als „Goldstandard“ in Bezug auf die Biokompatibilität, als Potenzial zur Bildung von reaktivem Gewebe gelten, geht die Gewinnung mit Schmerzen an der Entnahmestelle sowie erhöhter Patientenmorbidität einher. Auch steht der Knochen meist nur in begrenztem Volumen zur Verfügung. Daher werden erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Verwendung von Materialien aus alternativen Quellen zu etablieren und Techniken zu entwickeln, die nicht auf die Entnahme von autologem Knochen angewiesen sind und innerhalb kurzer Zeit zu einer ausreichenden Knochenbildung führen. Das umfassende Portfolio der Biomaterialen von BioHorizons Camlog beinhaltet allogene (humaner Spenderknochen, ist nicht in allen Ländern verfügbar), xenogene (porcinen oder bovinen Ursprungs) und alloplastische (synthetische) Knochenersatzmaterialien und Membranen. Aufgrund ihrer strukturellen Eigenschaften und Herstellungsverfahren unterscheiden sich die Materialien in ihrem Resorptionsverhalten sowie ihrer Handhabung. Mit ihren unterschiedlichen Darreichungsformen sind sie optimal auf die vielfältigen Indikationen und gewünschten Therapien abgestimmt. Die Biokompatibilität eines Materials wird durch seine physikalischen, chemischen und mechanischen Eigenschaften bestimmt. Zunächst muss das Transplantatmaterial aus einem dreidimensionalen Gerüst, der Matrix, bestehen, um die Bildung von neuem Knochen zu ermöglichen. Die hydrophilen Eigenschaften des Knochenersatzmaterials werden durch die Porosität, die Porengröße und die Interkonnektivität seiner Poren bestimmt. Dies ist entscheidend für den Flüssigkeitsaustausch zwischen dem Transplantat und dem umliegenden Gewebe und damit für die zelluläre und humorale Immunantwort während der initialen Gerinnungs- und Heilungsprozesse [1]. Idealerweise kann ein Knochenersatzmaterial biologisch um- bzw. abgebaut werden, um nach einer gewissen Zeit von neu gebildetem Knochen ersetzt zu werden. Die topografische Beschaffenheit des Materials, vor allem die Porengröße und die Oberflächenrauheit, beeinflusst die Zellmotilität und damit die Geschwindigkeit der Zellproliferation in das Gerüst. Es konnte gezeigt werden, dass optimal funktionale Knochenersatzmaterialien eine Kristallstruktur besitzen sollten, die der des menschlichen Knochens möglichst ähnlich ist [2]. Die Eigenschaften eines „idealen“ Knochentransplantats fördern das Knochenwachstum an der augmentierten Stelle und führen zu einer stabilen Osseointegration mit minimaler Wirtsreaktion. Die gesteuerte Geweberegeneration Bei der gesteuerten Geweberegeneration fördern Barrieremembrane, den Erfolg des Knochenaufbaus. Indem der zu regenerierende Bereich abgeschirmt ist, wird mit dieser Technik eine osteogene, vom ortständigen Knochen angeregte Zellpopulation gefördert. Biokompatibilität ist bei Kollagenmembranen ebenso entscheidend wie bei den Knochenersatzmaterialien. Neben der Nährstoffdurchlässigkeit müssen sie, um die Geweberegeneration zu steuern, jedoch eine effektive Barriere für Zellen sein. Frühere Daten haben bereits gezeigt, dass die Verwendung von resorbierbaren Kollagenmembranen einen ausgeprägten Einfluss auf den Knochenregenerationsgrad haben kann. Eine optimale Membran ist vollständig resorbierbar und besitzt gleichzeitig eine ausreichende mechanische Festigkeit und Elastizität, um das Vernähen oder eine Fixierung mit Pins zu ermöglichen. Osseointegration ist definiert als die Bildung neuen Knochens an der direkten Grenzfläche zwischen einem enossalen Implantat oder Knochentransplantatmaterial und dem nativen Knochen ohne eine Proliferation von bindegewebigen Zellen. [3] Branislav Kostadinov, Dipl. Biologe Einführung Regenerative Biomaterialien

10| Defektregeneration – ein Casebook Durch die Stabilisierung des Knochenersatzmaterials sowie der okklusiven Funktion gegenüber nicht osteogenen Zellen, kann die Anwendung von Membranen das Ergebnis der Knochenregeration maßgeblich verbessern [4, 5]. Kollagenmembranen werden mit einer verbesserten Weichgewebeheilung und anschließender Weichgewebeintegrität in Verbindung gebracht. Diese Effekte werden möglicherweise durch die zusätzliche Stabilisierung des Blutkoagels und die Integration der Membran in das proliferierende Gewebe hervorgerufen [6-9]. Die In-vivo-Stabilität einer Membran wird durch die Mikro- und Makrostrukturen der Membran sowie das Ausmaß und die Art der chemischen Vernetzung bestimmt. Die Stabilität kann grob anhand der hydrothermalen Schrumpfungstemperatur oder der Anfälligkeit von Membranprototypen gegenüber Collagenase prognostiziert werden [10]. Die Eigenschaften der Biomaterialien nehmen Einfluss auf die Wundheilung Hydrophilie und Porosität eines Materials resultieren in einer schnellen Blutdurchdringung und anschließender Koagulation sowie zellulärer Invasion durch Immunzellen und Perizyten (diese bilden nicht nur neue Blutgefäße, sondern wandern auch zu bestehenden Trabekelbälkchen und differenzieren dort zu neuen Osteoblasten). Diese beiden Materialeigenschaften sind wichtige Determinanten für die Benetzbarkeit (Kapillarwirkung und der Zeit, in der die maximale Flüssigkeitsmenge vom Material aufgenommen und gebunden werden kann). Ein Knochenersatzmaterial, das diese Eigenschaften aufweist ist schnell applizierbar, hat günstige Hafteigenschaften und benötigt keine Vorbenetzung. Eine hochporöse Struktur mit interkonnektiven Poren geeigneter Größe ist ausschlaggebend für den optimalen interfazialen Kontakt zwischen dem Knochenersatzmaterial und dem umgebenden Gewebe sowie für die Angiogenese und das Einwachsen von neu gebildetem Knochen. Physikalisch-chemische Eigenschaften der Biomaterialien Der Kalzium- und Phosphatgehalt eines Knochenersatzmaterials sind entscheidend für eine erfolgreiche Osteogenese [12]. Beide Mineralstoffe sind nachweislich an der Osteoblastenproliferation beteiligt, während Kalzium auch eine Rolle bei der Osteoblastendifferenzierung spielt [13-15]. Synthetische Kalziumphosphate, wie Hydroxylapatit (HA), haben sich in vivo als biokompatibel erwiesen. In der Vergangenheit wurde die Anwendbarkeit von synthetischem karbonatsubstituiertem HA unter der Annahme untersucht, dass Materialien, die der natürlich vorkommenden Mineralphase des Knochens sehr ähnlich sind, am besten geeignet wären. Allerdings haben nur wenige Studien die histologische Reaktion quantifiziert, indem sie die Gewebebiokompatibilität von karbonisierten und nicht-karbonisierten Apatittransplantaten invivo bewertet haben. In einer solchen Studie wurden gesinterte Hydroxylapatit- und synthetische karbonathaltige Apatitscheiben (CHA) mit einem ansteigenden Karbonatgehalt von 3 % bzw. 6 % bestimmt und die Fläche des neu gebildeten Knochens gemessen [12]. Im Vergleich dazu enthält biologischisches Knochenmineral einen Karbonatanteil von 4-8 %. Zur Untermauerung früherer Studien zeigten die Ergebnisse, dass Kalziumphosphatkeramiken biokompatibel sind und sich der Knochen direkt an der Oberfläche ohne bindegewebige Einsprossung anlagert. Darüber hinaus wurden keine Anzeichen einer Entzündung festgestellt. Die quantitative Analyse ergab, dass die Knochenneubildung mit steigendem Karbonatgehalt zunahm. Diese Reaktion könnte mit der erhöhten Freisetzung von Kalzium- und Phosphationen zusammenhängen. Insgesamt war das synthetische, hochtemperaturgesinterte Apatit chemisch reaktiver, was mit einer höheren Oberflächenreaktivität in-vivo verbunden sein könnte. Das Molverhältnis zwischen Kalzium und Phosphat des synthetischen Materials wurde mit 1.667 als optimal bezeichnet - eine Karbonatmenge, die der des biologischen HA sehr nahekommt [16]. Nach dem Sintern wiesen die Scheiben eine makroporöse Struktur auf, die die Osteokonduktivität nach der Implantation ermöglicht. Histologische Schliffbilder von vertikalen Schnitten der Extraktionsalveole, behandelt mit einer Kollagenmembran und porcinem Knochenersatzmaterial Re-entry vier Monate nach Socketpreservation. (Fast Green, 1,25X). [11] Histologische Schliffbilder von vertikalen Schnitten der Extraktionsalveole, behandelt mit einer Kollagenmembran und bovinem Knochenersatzmaterial. Re-entry vier Monate nach Socketpreservation. (Fast Green, 1,25X). [11]

Defektregeneration – ein Casebook | 11 Der Umbauprozess Die histologischen Phasen der Einheilung sind durch die anfängliche Bildung eines Blutkoagulums im Transplantatbereich gekennzeichnet. Innerhalb der ersten drei Tage nach der Augmentation nekrotisieren die Randbereiche des nativen Knochens und Entzündungszellen werden chemotaktisch in den augmentierten Bereich rekrutiert. Gleichzeitig beginnt die Revaskularisation, die Neubildung von Kapillaren. In dieser ersten Einheilungsphase durchdringt das Fibrinnetz des Blutkoagulums das Transplantatmaterial und das Granulationsgewebe reift im Idealfall zu einer Kollagenmatrix. In den folgenden ein bis zwei Wochen beginnen mesenchymale Stammzellen, auf die Biomaterialoberfläche zu wandern, sie differenzieren sich zu Osteoblasten und die Zellproliferation beginnt. Im Anschluss daran wird die Knorpel- und Knochendifferenzierung aktiviert und es finden Osteogenese und Osseointegration statt [17,18]. Ausgewählte klinische Daten * In einer Studie [19] wurden die chemischen und physikalischen Eigenschaften von 14 Knochenersatzmaterialien für ein breites Anwendungsspektrum von permanenten Augmentationsmaterialien bis hin zu schnell abbaubaren Ersatzmaterialien mit osteogener Potenz beschrieben. Die wichtigsten Parameter wie chemische Zusammensetzung, Kristallisationsgrad und Morphologie wurden mit Hilfe verschiedener Analysen bestimmt. Zusammensetzung und Morphologie der getesteten Materialien unterscheiden sich stark. Die Autoren betonten daher, wie wichtig es sei, jedes Biomaterial spezifisch für den beabsichtigten Zweck im Hinblick auf Indikation, Zeit, Kosten und Patientenpräferenzen auszuwählen und anzupassen. Ein Versuch, Xenotransplantate zu verbessern und gleichzeitig die Vorteile hinsichtlich ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften zu erhalten, ist die Optimierung des Verarbeitungsprozesses. Figuereido et al. untersuchten den Einfluss unterschiedlicher Kalzinierungstemperaturen auf porcinen Knochen [20]. Knochenproben, die bei 600 °C verarbeitet wurden wiesen die vorteilhafteste physikochemische Zusammensetzung und Struktur auf. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass diese Proben als gute Alternativen zu synthetischem Apatit und allogenem Knochen bewertet werden können. Deproteinisierte xenogene Knochenmaterialien haben eine dem menschlichen Knochengewebe ähnliche chemische Zusammensetzung und Struktur [21]. Unterschiedliche Studien bewiesen, dass anorganischer boviner Knochen osteokonduktive Eigenschaften aufweist und eine physikalische Matrix darstellt, in die osteogene Zellen einwandern und sich ansiedeln können, wodurch neues Knochengewebe entsteht [22-23]. *erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit Vielkernige, angelagerte Zellen (weiße Pfeile) an der Schnittstelle zwischen den Biomaterialpartikeln (ABBMM) und dem neu gebildeten Knochen (NB) [17] NB

12| Defektregeneration – ein Casebook Biomaterialen von BioHorizons Camlog Die Biomaterialien von BioHorizons Camlog sind humanen, porcinen und bovinen Ursprungs oder auch synthetisch hergestellt. Die Transplantatmaterialien fungieren meist als osteogenes und osteokonduktives Gerüst. Aufgrund ihres Ursprungs und Verarbeitungsprozesses weisen sie unterschiedliche Resorptionseigenschaften auf. Hämostyptika Die Kollagen-Wundauflagen BioStrip und BioPlug sind weiche, weiße bis cremefarbene, resorbierbare Kollagen-Produkte, die aus gereinigtem, quervernetztem, aus der Rinderhaut gewonnenem Kollagen hergestellt werden. Die Dicke und die Porenstruktur der Wundauflage ermöglichen ein Absorbieren von Flüssigkeiten und Blut an der Defektstelle. Sie sind für die Behandlung von oralen Wunden und Geschwüren konzipiert. Allogener Knochen* nicht in allen Ländern verfügbar Allogene Knochenersatzmaterialen sind humanen Ursprungs (MinerOss® A) und haben in Deutschland eine Zulassung als Arzneimittel. Der Knochen wird einem speziellen Aufbereitungsprozess – chemisch, enzymatisch, physiologisch – unterzogen und anschließend mittels Gammabestrahlung sterilisiert, um eine infektiöse oder immunologische Reaktion auszuschließen. Das Produkt ist dem patienteneigenen Knochen am ähnlichsten und steht in ausreichender Menge zur Verfügung. Ein zweiter chirurgischer Eingriff mit einhergehender Morbidität der Patienten entfällt. Das Material steht in unterschiedlichen Darreichungsformen zur Verfügung. Aufgrund seiner Struktur wird MinerOss® A nach der Heilungsphase bei fehlender mechanischer Belastung durch Osteoklasten abgebaut. Indikationsabhängig kann der allogene Knochen für den Volumenerhalt mit langsam resorbierbaren partikulären Biomaterialen gemischt werden. Für einen kontrollierten Verlauf des Resorptions-/Remodellingprozesses sollte allogenes Knochenmaterial mit einer Barrieremembran abgedeckt werden. Indikationsbereiche: die Augmentation kleiner und größerer Alveolarkammdefekte und der Kieferhöhlenaufbau. Beim Herstellungsprozess von MinerOss® A werden hohe Sicherheitsstandards eingehalten, die eine Haltbarkeitsdauer von 5 Jahren bei Raumtemperatur (5–30 °C) gewährleisten. MinerOss® A wird als spongiöses und kortikospon- gioses Granulat hergestellt. Die Spongiosastruktur ermöglicht einen schnellen Knochenaufbau bei eingegrenzten Defekten, wohingegen die kortikospongiosen Produkte für mehr Volumenstabiliät außerhalb der Kontur sorgen. 2 Monate Neuer Knochen 27,13 % 22,97 % 21,03 % 44,57 % 31,16 % 14,86 % 28,30 % 40,87 % 64,11 % MinerOss® A Weichgewebe 4 Monate 6 Monate Klinische Auswertung [11]

Defektregeneration – ein Casebook | 13 Xenogener Knochen Die xenogenen Knochenersatzmaterialen aus dem BioHorizons Camlog Portfolio sind Medizinprodukte. Sie sind bovinen oder porcinen Ursprungs und werden unter den Namen: MinerOss®X, MinerOss® XP und CeraOss® geführt. Ihr Aufbereitungsprozess unterliegt strengen, ständig kontrollierten Verfahren. Dabei werden immunogen wirkende Bestandteile eliminiert, um eine Übertragung von Krankheiten und eine Abstoßungsreaktion zu vermeiden. Sie unterscheiden sich in ihren makroporösen Strukturen und Resorptionszeiten. Diese spezifischen Reaktionsmöglichkeiten sollten bei der Behandlung der Defektmorphologie berücksichtigt werden. Alle Materialen sind gut dokumentiert und finden ihre Anwendung in gängigen zahnmedizinischen Indikationen wie der Augmentation kleiner und größerer Alveolarkammdefekte, Extraktionsalveolen und dem Kieferhöhlenaufbau. Synthetisch Tierischer Ursprung Humaner Ursprung Knochenersatz-Materialien von BioHorizons Camlog CeraOss® bovin MinerOss® X bovin MinerOss® XP porcin SynMax® MinerOss® A - anorganische Knochen- mineral-Matrix - deproteinisiert und deli- pidisiert - hohe Porosität, unterstützt und verbessert die Integra- tion von neuem Knochen - ähnelt der Mineralstruktur menschlichen Knochens Darreichungsform - spongiöses Granulat (unter- schiedliche Partikelgrößen) - Blöcke mit 5% Kollagen Regeneration - effektive Osseointegration[24] und Remodelling - optimale Knochenqualität - viel Raum für Knochen- neubildung - anorganische Knochen- mineral-Matrix - Deproteinisiert und deli- pidisiert - hochporöse Struktur fördert die Zelladhäsion und -proliferation - mehr Raum für Osteokon- duktion und Knochenneu- bildung Darreichungsform - spongiöses Granulat (unter schiedliche Partikelgrößen) Regeneration - effektive Osseointegration und Remodelling - optimale Knochenqualität - viel Raum für Knochen- neubildung - anorganische Knochen- mineral-Matrix - dem menschlichen Kno- chen ähnelnde Struktur - raue, hydrophile Oberfläche - extrem kristalines Hydro- xylapatit - gute mechanische und biologische Stabilität Darreichungsform - Granulat Regeneration - Osseointegration der Kno- chentransplantatpartikel - langzeit volumenstabil - sehr niedrige Umbaurate - höhere Dichte - biphasisches Calcium- phosphat - 100 % synthetisch, kein Risiko einer Krankheitsüber- tragung, hohe Sicherheit - sehr raue Oberfläche und hohe Porosität unterstützen Integration und Knochen- neubildung Darreichungsform - Granulat Regeneration - kontrollierte Resorption auf grund der biphasischen Zusammensetzung - geschützter Verarbeitungs- prozess erhält die Gewebe integrität - natürliche Knochenzusam- mensetzung – mineralisier tes humanes Kollagen - osteokonduktiv – unter- stützt den kontrollierten Gewebeumbau Darreichungsform - spongiöses und kortico- spongiöes Granulat - Platte und Blöcke Regeneration - hohe biologische Regener- ationsfähigkeit und natürliches Remodelling[24] Histo-morphometrische Mittelwerte. CT: Bindegewebe; NFB: neu gebildeter Knochen; OST: Osteoidgewebe; RG: Resttransplantat; MB: bovine Knochentransplantat-Gruppe; MP: KEM-Gruppe porcinen Ursprungs. [11] 60 50 40 30 20 10 0 CT NFB OST RG (%) MB (MinerOss® X) MP (MinerOss® XP) MinerOss® A, SynMax® und CeraOss® entsprechen jeweils am Markt bekannten Produkten synthetischen bzw. tierischen Ursprungs, die von der Firma botiss biomaterials hergestellt und von Camlog unter eigenen Markennamen vertrieben werden.

14| Defektregeneration – ein Casebook Die gesteuerte Knochenregeneration Die gesteuerte Knochenregeneration (GBR) ist seit vielen Jahren fester Bestandteil in der Parodontalchirurgie und Implantologie. Das Ziel der regenerativen Therapie ist, fehlende sowie defekte Knochenstrukturen aufzubauen, um eine ebenso gesunde wie funktionelle Basis für den Zahn- beziehungsweise Implantaterhalt zu schaffen. Für die Rekonstruktion von Hart- und Weichgewebsdefekten bieten sich dem Behandler unterschiedliche Möglichkeiten, um sowohl den horizontalen als auch den vertikalen Abbau zu regenerieren. Prächirurgisch sind Analysen beziehungsweise eine Klassifikation des Defekts notwendig (z.B. Kölner Defektklassifikation), da sich aus der Morphologie des Knochenabbaus spezielle Therapieentscheidungen für einen volumenstabilen Knochenaufbau ergeben. Grundsätzlich sind für die augmentativen Maßnahmen die Verwendung oder auch Kombination von Knochenschalen, Knochenersatzmaterialien und Barrieremembranen valide Optionen, um ein stabiles knöchernes Lager für eine implantatgetragene Versorgung zu schaffen. Im Fokus sollte die Fragestellung stehen, womit ein dimensionsstabiles neugeschaffenes Knochenlager erzielt werden kann, wie invasiv der chirurgische Eingriff sein wird und welche Möglichkeiten es gibt, um Komorbidität – hervorgerufen durch die intraorale Entnahme von Transplantaten – zu verringern oder zu umgehen. Jeder Patientenfall stellt unterschiedliche Anforderungen an die Defektregeneration. Das Regenerationsverhalten der Produkte, die Handhabung sowie die persönliche Anwenderpräferenz bestimmen je nach Defekt den Einsatz der Biomaterialen im individuellen Fall. Im nachfolgenden Schema werden in einer stark vereinfachten Darstellung Produktvorschläge für die volumenstabile Regeneration verschiedenartiger Defekte vorgestellt. Diese sind beispielhaft und dienen ausschließlich zur besseren Orientierung. Defektgröße Groß Klein MinerOss® X CeraOss® MinerOss® XP MinerOss® A Anatomische Lage des Defekts Osseo-Basal Osseo-Alveolär MinerOss® X CeraOss® MinerOss® XP MinerOss® A Defektart Osseo Parodontal MinerOss® X CeraOss® MinerOss® XP MinerOss® A Funktionelle Belastung am Defekt Keine Funktion Funktion MinerOss® X CeraOss® MinerOss® XP MinerOss® A Alle Bilder dieser Seite mit freundlicher Genehmigung von Renzo Guarnieri MD. DDS, Adjunct Professor, Department of Dental and Maxillofaxial Sciences, Scholl of Dentistry, University la Sapienza, Italy

Defektregeneration – ein Casebook | 15 Kollagenmembranen mit Barrierefunktion Mit den Barrieremembranen Mem-Lok® RCM (bovin), Mem-Lok® Pliable, Argonaut® (porcin) sowie der synthetischen PermaPro® (nicht resorbierbar) steht ein breites Produktspektrum zur Verfügung. Die Membranen verhindern das Einwandern von Weichgewebe in den augmentierten Bereich und werden je nach Defektgröße, Indikationsstellung und der benötigten Regenerationsdauer ausgewählt. Die Membranen tierischen Ursprungs sind resorbierbar und unterscheiden sich im Herstellungsprozess sowie ihrer Resorptionszeit. Die Mem-Lok® RCM besteht aus hochreinen TypI-Kollagenfasern, die einen längeren Resorptionszeitraum (26 bis 38 Wochen) bietet und sich für Regeneration ausgeprägter Knochendefekte eignet. Die makromolekulare Porenstruktur ermöglicht den Austausch von zur Heilung notwendigen Nährstoffen. Die Mem-Lok® Pliable ist eine porcine Kollagenmembran mit einer natürlichen Single Layer-Struktur und einer vorhersagbaren Resorptionszeit von 12 bis 16 Wochen. Die Argonaut® Membran ist eine aus dem Perikard des Schweins gewonnene Kollagenmembran. Sie bietet aufgrund der spezifischen Zusammensetzung und Struktur der perikardialen Kollagenfasern eine natürlich lange Barrierefunktion. Durch den Erhalt der natürlichen biomechanischen Eigenschaften des Ursprungsgewebes weisen die xenogenen Membranen vorteilhafte Handhabungseigenschaften wie eine bemerkenswerte Reißfestigkeit und eine effektive Oberflächenadaption auf. Die synthetische PermaPro® ist eine PTFE (Polytetrafluorethylen) Membran. Sie ist für den temporären Einsatz vorgesehen. In der Socket- und Ridgepreservation kann sie offen einheilen, womit ein primärer Wundverschluss entfällt. Nach der Knochenheilung muss die PermaPro® entfernt werden. Produkt (Eigenschaften) MemLok® Pliable Argonaut® MemLok® RCM PermaPro® NovoMatrix® Ursprung Resorptionszeit Handhabung (Anpassungsfähigkeit) Festigkeit (Nahtfähigkeit) Anpassungsfähige Barrieremembran, repositionierbar und präzise platzierbar weichere Oberflächenstruktur sehr flexibel, native Faservernetzung Peritoneumgewebe porcinen Ursprungs Kollagen Typ I und III hoch Native Kollagenmembran aus Schweineperikard bovines Typ I Kollagen aus der Achillessehne Anpassungsfähig mit langer Barrierefunktion bis zu 38 Wochen raumerhaltende, extrem dünne Membran für die offene Einheilung Polytetrafluorethylen - Membran; 100% synthetisch hergestellt natürliche Regeneration durch Revaskularisation azelluläre dermale Gewebematrix porcinen Ursprungs hoch (sehr anpassungfähig) niedrig raumerhaltend moderat raumerhaltend moderat raumerhaltend hoch 953 ±110g gering moderat 350 ± 80g hoch hoch durchschnittlich 3 - 4 Monate durchschnittlich 3 - 6 Monate lang 6 - 9 Monate nicht resorbierbar Integration und Regeneration Argonaut® und PermaPro® entsprechen jeweils am Markt bekannten Produkten synthetischen bzw. tierischen Ursprungs, die von der Firma botiss biomaterials hergestellt und von Camlog unter eigenen Markennamen vertrieben werden.

16| Defektregeneration – ein Casebook Das Weichgewebemanagement Neben Membranen mit Barrierefunktion werden seit einigen Jahren Gewebematrizes, wie die azellulläre dermale NovoMatrix®, für die Gewebeverdickung und Rezessionsdeckung verwendet. Ein ausreichend dickes Weichgewebe um Zähne und Implantate ist nicht nur für ein harmonisches Erscheinungsbild essenziell, sondern es schützt vor Rezessionen, freiliegenden und empfindlichen Zahnhälsen und verhindert den periimplantären Knochenrückgang. Bei der Implantattherapie ist daher das Erzielen eines drei Millimeter dicken und stabilen Weichgewebes erstrebenswert [27]. Zur Deckung von Rezessionen und der Verdickung von Weichgewebe zum Schutz des Alveolarkamms gelten autologe Bindegewebstransplantate als Goldstandard. Dafür ist jedoch ein zweiter chirurgischer Eingriff zur Gewebeentnahme am Gaumen notwendig. In einigen Fällen steht das autologe Gewebe auch nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung. Die Alternative zum autologen Transplantat ist die NovoMatrix®, eine dermale azelluläre Gewebematrix, porcinen Ursprungs, die reißfest und einfach in der Handhabung ist. Bedingt durch den proprietären Herstellungsprozess ist die Matrix frei von Spenderzellen. Gleichzeitig bleibt die Struktur des ursprünglichen Gewebes nahezu unverändert, sodass das Einwachsen von Zellen und Mikrogefäßen unterstützt wird. Sie ist seit einigen Jahren sehr erfolgreich im klinischen Einsatz und zeigt exzellente Ergebnisse, die durch Studien [28,29,30] belegt sind. Noch unveröffentlichte Daten aus einer laufenden Studie an der Universität Freiburg zeigen außerdem, dass die NovoMatrix nach einigen Monaten Einheilzeit nicht mehr vom Gewebe des Empfängers unterschieden werden kann und somit vollständig in patienteneigenes Gewebe umgewandelt wird. „Adsorption und Freisetzung von Wachstumsfaktoren aus vier verschiedenen Kollagen-Matrices procinen Ursprungs” Cristina Nica, Zhikai Lin, Anton Sculean, Maria B. Asparuhova. Adsorption and Release of Growth Factors from Four Different Porcine-Derived Collagen Matrices. Materials. 2020 Jun 9;13(11):2635. Ziel Es sollte die Adsorption und Freisetzung von Wachstumsfaktoren aus vier Kollagen-Matrices procinen Ursprungs mittels enzymgekoppeltem Immunadsorptionsassay (ELISA) untersucht werden. Die Freisetzungskinetik der Proteine wurde über einen Zeitraum von 13 Tagen quantifiziert. Methode und Ergebnisse Die Proteinfreisetzung erfolgte im Allgemeinen in zwei Phasen. Phase 1 willkürlich definiert durch die höchste Freisetzung in der Regel innerhalb von 24 Stunden. Phase 2 erstreckte sich über den Zeitraum nach der höchsten Freisetzung bis Tag 13, was der verzögerten Freisetzung der Wachstumsfaktoren aus den tieferen Schichten der Matrices entsprach. Die Kollagen-Matrices sind in der Lage, Zellen unterschiedlicher Phänotypen anzuziehen, die anschließend Faktoren für die Weich- und Hartgeweberegeneration, einschließlich Gewebeumbau und Vaskularisierung, exprimieren und sezernieren. Unter diesen Faktoren spielen TGF-β1, FGF-2, PDGF-BB und BMP-2 eine zentrale Rolle bei der Gewebereparatur und beimGewebeumbau. Die Adsorptionsrate und die Freisetzungskinetik der Wachstums- und Differenzierungsfaktoren aus den Matrices sind die wichtigsten Aspekte, wenn es um die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Matrices geht. NovoMatrix™ (HADM) zeigte im Vergleich zu den anderen Matrices frühere Freisetzungspeaks nach 1 Stunde und 3 Tagen und zusätzlich einen dritten Peak an Tag 9 (Abb. 2), wobei 84,3 % des Wachstumsfaktors (BMP-2) innerhalb von 9 Tagen in das Medium abgegeben wurden. Die Gesamtmenge an BMP-2 wurde innerhalb von 13 Tagen abgegeben. Zusammenfassung Die effiziente Adsorption und anhaltende Proteinfreisetzung in den ersten 13 Tagen der NovoMatrix™ können für die langfristi- ge Geweberegeneration nach rekonstruk- tiver Parodontalchirurgie von Vorteil sein. NovoMatrix™ hat kontinuierlich eine sehr frühe Burst-Freisetzung innerhalb von Stun- den gezeigt, auf die eine verlängerte zweite Phase folgte, die durch die Freisetzung ho- her Mengen von TGF-β1, FGF-2 und PDGF- BB gekennzeichnet war, welche 70–80 % der gesamten Proteinfreisetzung während des gesamten Testzeitraums ausmachten. NovoMatrix™ ist die Matrix mit der günstig- sten Freisetzungskinetik von FGF-2 zu- sammen mit dem Wachstumsfaktor TGF-β1. Die geringe Gesamtmenge an BMP-2, die während des gesamten 13-Tage-Zeitraums freigesetzt wurde, in Kombination mit meh- reren Zeitpunkten, zu denen eine Burst- Freisetzung beobachtet wurde, könnte für den langsamen Prozess der Hartgewebe- regeneration nach einer Implantatinsertion oder parodontalen Rekonstruktion vorteil- haft sein. Unter den vier Matrices hat NovoMatrix™ in Summe stärkere positive Auswirkungen auf das orale Zellverhalten gezeigt. Die erzielten Ergebnisse weisen NovoMatrix™ als guten Träger für rekombinaten PDGF- BB aus. Tage BMP-2 (pg/ml) 0.5 1 2 3 6 1 3 5 7 9 11 13 Stunden 250 200 150 100 50 0 Abb. 2: Die Freisetzung an BMP-2 während des gesamten 13-Tage-Zeitraums Freisetzungskinetik der PDGF-BB Faktoren Die höchste Menge an PDGF-BB, die innerhalb der 13-Tage-Frist 82,1% der gesamten freigesetzten Wachstumsfaktoren entspricht, wurde in der zweiten Freisetzungsphase für NovoMatrix™, beobachtet. 64,9 % 59,9 % 82,1 % CCM NCM DADM NovoMatrix™ CCM NCM DADM NovoMatrix™ 50,9 % 1. Peak 2. Peak 3. Peak Die bioaktive Stimulation mit LeukozytenKonzentrat (L-PRF) Um die Regeneration vor allem bei größeren Defektaugmentationen zu beschleunigen, ist die Biologisierung der Knochenersatzmaterialien durch die Beimengung autologer Knochenspäne eine seit vielen Jahren etablierte Methode. L-PRF ist hierfür eine minimalinvasive Alternative, indem Leukozyten und blättchenreiches Fibrin, das durch Zentrifugieren aus dem peripheren Eigenblut der Patienten gewonnen wird, dem Knochenersatzmaterial beigemischt wird. Durch Zentrifugieren erfolgt die Trennung der Blutbestandteile und eine Konzentration der L-PRF Matrix. Das Konzentrat kann sowohl als flüssige als auch als solide L-PRF-Matrix hergestellt und in beiden Formen verwendet werden. Nachdem das flüssige L-PRF dem Ersatzmaterial zugesetzt wird, koaguliert dieses und bildet eine modellierfähige Masse („Sticky Bone“), die sich beim klinischen Einsatz einfach handhaben und applizieren lässt. Die Freisetzung der Wachs- tumsfaktoren aus dem Konzentrat, die sogenannte bioaktive Stimulation, unterstützt die Hart- und Weichgewebeneubildung. [25,26] Die Kombination von Knochenersatzmaterialien und bioaktiven Wachstumsfaktoren aus dem Blutkonzentrat stellt nach bisher gewonnenen Erfahrungen ein optimiertes Augmentationsmaterial dar.

Defektregeneration – ein Casebook | 17 Zusammenfassung Biomaterial Während anorganischer boviner und porciner Knochen eine hohe Volumenstabilität aufweisen und als osteokonduktives Gerüstmaterial fungieren [31], wird deren permanenter Verbleib im Körper des Patienten aufgrund der ossären Integration des Materials kontrovers diskutiert [32]. Anders als der xenogene Knochen, werden synthetische und allogene Materialien in patienteneigenes Knochengewebe umgewandelt. Resorbierbare Materialien sollten mit einer Barrieremembran abgedeckt werden, um Resorptionsprozesse zu unterbinden und das Material zu fixieren. So obliegt die Entscheidung für ein Biomaterial dem gewünschten Resorptionsvermögen bzw. der Volumenstabilität, der Präferenz der Anwender sowie den ethnischen Anforderungen der Patienten. Weitere Literatur „Verbessertes Wundheilungspotenzial primärer humaner oraler Fibroblasten und parodontaler Ligamentzellen, die auf vier verschiedenen Kollagen-Matrices porcinen Ursprungs kultiviert wurden” Zhikai Lin, Cristina Nica, Anton Sculean, Maria B. Asparuhova. Enhanced Wound Healing Potential of Primary Human Oral Fibroblasts and Periodontal Ligament Cells Cultured on Four Different Porcine-Derived Collagen Matrices. Materials. 2020 Aug 29;13(17):3819. Ziel Das Migrations-, Adhäsions-, Proliferations- und Wundheilungspotential parodontaler Ligamentzellen (hPDL) (Abb. 3a) und primärer humaner oraler Fibroblasten (hOF) (Abb. 3b) als Reaktion auf vier handelsübliche KollagenMatrices untersuchen. Methode und Ergebnisse Gesundes parodontales Ligament (zur Gewinnung von hPDL) aus dem mittleren Drittel extrahierter dritter Molaren oder Gewebeproben, die aus der subepithelialen Gaumenschleimhaut (zur Gewinnung von hOF) von gesunden Probanden entnommen wurden, wurden zerkleinert.* Die extrahierten primären Zellen wurden ausgehungert und auf den vier KollagenMatrices kultiviert. Die Untersuchung der Wundheilung erfolgte in Zellkulturplatten (24- Well-Platten) mit extrem geringer Anhaftung. Alle untersuchten Matrices bieten ein günstiges Umfeld, das die Migration, Adhäsion und Proliferation der getesteten Zellen fördern kann. Die Expression von Genen, die für die angiogenen Faktoren FGF-2 und VEGF-A kodieren, war in Zellen, die nur auf DADM und HADM gezüchtet worden waren, stark erhöht, was auf eine gute Grundlage für eine beschleunigte Vaskularisierung der letzteren schließen lässt. Orale Fibroblasten und parodontale Ligamentzellen sind zwei Zelltypen, die bei der parodontalen Regeneration eine zentrale Rolle spielen. Zusammenfassung Unter den vier Matrices hat NovoMatrix™ kontinuierlich stärkere positive Auswir- kungen auf das orale Zellverhalten ge- zeigt, was auf verbesserte Fähigkeiten zur Weichgeweberegeneration hindeutet. Es ist wahrscheinlich, dass vor allem die po- röse Struktur und die einzigartige Schich- tung der Matrices zusammen mit ihren Oberflächeneigenschaften und Motiven, die an der Erkennung und Bindung von Zellen beteiligt sind, dem differentiellen Verhalten der auf den verschiedenen Matrices ge- wachsenen Zellen zugrunde liegen. Fakten zu NovoMatrix™ aus den Studien Langfristige Geweberegeneration Geeignet für Knochenregeneration Positive Auswirkungen auf das orale Zellverhalten Verbesserte Fähigkeit zur Weichgeweberegeneration Die Matrix mit der günstigsten Freisetzungskinetik DADM NovoMatrix™ DADM NovoMatrix™ hPDL 3a *** *** *** *** *** *** *** ** * * * * 120 100 80 60 40 20 0 Anzahl der Zellen (x 103) 0 1 3 5 7 11 9 Zeit für Proliferation (Tage) CCM NCM Kontrolle DADM NovoMatrix™ ** ** Zeit für Proliferation (Tage) Abb. 3: Erhöhte Proliferation primärer hPDL- und hOF-Zellen, die auf den vier Matrices kultiviert wurden (*** p < 0.001, ** p < 0.01, * p < 0.05). * Ethikkommission, Bern Schweiz (BASEC-Nr. 2018-006661) 3b hOF *** *** *** *** *** *** *** *** * * * 120 100 80 60 40 20 0 Anzahl der Zellen (x 103) 0 1 3 5 7 11 9 CCM NCM Kontrolle DADM NovoMatrix™ * Ctrl ST2 MC3T3-E1 DADM HADM NCM CCM „Positive Auswirkungen dreidimensionaler kollagenbasierter Matrices auf das Verhalten von Ostoeprogenitorzellen” Zhikai Lin, Cristina Nica, Anton Sculean, Maria B. Asparuhova. Positive Effects of Three-Dimensional Collagen-Based Matrices on the Behavior of Osteoprogenitors Front Bioeng Biotechnol. 2021 Jul 21;9:708830. Ziel Aktuelle Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass verstärkte dreidimensionale (3D) KollagenMatrices ein stabiles Gerüst zur RehabilitationvonverlorenemVolumenbeidefizitäremAlveolarknochen darstellen. In der vorliegenden Studie wurde das Migrations, Adhäsions, Proliferations-undDifferenzierungspotenzialvon mesenchymalen StromaST2Zellen und präosteoblastischenMC3T3-E1-ZellenalsReaktion auf vier verschiedene 3DKollagenMatrices vergleichend untersucht. Getrocknete azelluläre Dermalmatrix (DADM), hydratisierte azelluläre Dermalmatrix (HADM/NovoMatrix™), nichtvernetzteKollagenmatrix(NCM)undvernetzteKollagenmatrix(CCM)verbessertenalledieMotilitätderOsteoprogenitorzellen. Ergebnisse VergleichzuDADMundNCMlöstenHADMundCCMeinestärkereMigrationsreaktionaus. Während Zellen in Kombination mit DADMundNCMvergleichbareProliferationsraten aufwiesen wie Kontrollzellen ohne zusätzliche Anwendung von Biomaterialien, vermehrtensichZellenaufHADMundCCMdeutlichschneller.Dieproliferationsfördernde Wirkung der beiden Matrices wurde durch eineerhöhteGenexpressionzurRegulierungder Zellteilung unterstützt. In den Zellen dieserbeidenGerüstewurdeeineerhöhteGenexpressionfürdieadhäsivenMoleküleFibronektin,Vinculin,CD44-AntigenunddasintrazelluläreadhäsiveMolekül-1beobachtet,­ wasaufhervorragendeadhäsiveEigenschaften der untersuchten Biomaterialien schließen lässt. Im Gegensatz zu den Genen für KnochenmatrixproteineKollagenTypI(Col1a1)­ undOsteopontin(Spp1),welcheinallenArtenvonMatricesinduziertwurden,wardieExpressionderosteogenenDifferenzierungsmarkerRunx2,Alpl,Dlx5,Ibsp,Bglap2undPhexinZellenaufHADMundCCMsignifikanterhöht.Diekurze/klinischrelevanteVorbeschichtung der 3DBiomaterialien mit Schmelz Matrix-Derivat(EMD)oderrekombinantemmorphogenetischemKnochenprotein-2(rBMP2)steigertedieosteogeneDifferenzierungbeiderOsteoprogenitor-ZelllinienaufallenMatricessignifikant,einschließlichDADMundNCM.Diesdeutetdaraufhin,dassdiebiologischeAktivitätvonEMDundBMP-2auchnachFreisetzung aus den Matrices erhalten bleibt. EMDlöstedieExpressionallerfürdieOsteogenese zusammenhängenden Gene aus, währendrBMP-2dieExpressionfrüher,intermediärerundspäterosteogenerDifferenzierungs-MarkermitAusnahmevonCol1a1undSpp1hochregulierte. Zusammenfassung ZusammengefasstunterstützendieErgebnissedenpositivenEinflussvonHADMundCCMaufdieRekrutierung,dasWachstumunddieosteogeneDifferenzierungderOsteoprogenitor-Zelltypen.Darüberhinausbekräftigendie Daten, dass die Biofunktionalisierung der kollagenbasiertenMatricesmitEMDoderrBMP-2einemöglicheBehandlungbeiKnochendefekten in der klinischen Praxis darstellt. 1a Abb. 1: Erhöhtes Migrationspotenzial von Osteoprogenitor-Zelllinien gegenüber vier verschiedenen kollagenbasierten Matrices. Migration von stromalen mesenchymalen ST2 (a, b) und präosteoblastischen MC3T3-E1-Zellen (a, c) gegenüber DADM-, HADM-, NCM- und CCM-Matrices wurde mit einem modifizierten Boyden-Kammer-Migrationsassay unter Verwendung von ThinCert® transwell PETMembranträger mit einer Porengröße von 8 μm. (a) Repräsentative Bilder von fixierten und gefärbten Zellen, die zur Unterseite der Membran in jeder der Versuchsgruppen gewandert sind. Maßstabsbalken, 500 μm. (b, c) Quantifizierung der Zellmigration in Abwesenheit (Ctrl) oder Anwesenheit von kollagenbasierten Matrices unter Verwendung der Software Image J durch Messung der Fläche auf der Unterseite des Membranträgers, die mit migrierten Zellen bedeckt ist. Die Daten stellen Mittelwerte ± SD aus drei unabhängigen Experimenten, die mit jeder der beiden Zelllinien durchgeführt wurden. Signifikante Unterschiede zu den jeweiligen Kontrollen, sofern nicht anders angegeben (***p < 0.001, **p <0.01, *p < 0.05). 1b 4.5 4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0.0 Ctrl HADM NCM CCM DADM Zellbedeckter Bereich (beliebige Einheiten) ST2 1c 4.5 4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0.0 Ctrl HADM NCM CCM DADM MC3T3-E1 *** *** ** ** ** * *** *** *** * *** ** *** *** * Die Studien sind open Access verfügbar [29] Zhikai Lin, Cristina Nica, Anton Sculean, Maria B. Asparuhova. Enhanced Wound Healing Potential of Primary Human Oral Fibroblasts and Periodontal Ligament Cells Cultured on Four Different Porcine-Derived Collagen Matrices. Materials. 2020 Aug 29;13(17):3819. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7504420/ [28] Cristina Nica, Zhikai Lin, Anton Sculean, Maria B. Asparuhova. Adsorption and Release of Growth Factors from Four Different Porcine-Derived Collagen Matrices. Materials. 2020 Jun 9;13(11):2635. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7321618/ [30] Zhikai Lin, Cristina Nica, Anton Sculean, Maria B. Asparuhova. Positive Effects of Three-Dimensional Collagen-Based Matrices on the Behavior of Osteoprogenitors Front Bioeng Biotechnol. 2021 Jul 21;9:708830.

18| Defektregeneration – ein Casebook Das Zusammenspiel der Suprakonstruktion und des Weichgewebes 1. Bei der intraoralen Befunderhebung konnte eine Lockerung der Zähne 12, 11 und 21 festgestellt werden. Im DVT zeigten sich intakte Alveolen an 12 und 21, partieller Knochenverlust der fazialen Lamelle in regio 11 sowie eine deutliche apikale Resorption der Zahnwurzel 11. Alle drei Frontzähne wiesen apikale Beherdungen auf. 2. Nach der schonenden Extraktion der Zähne wurden die Implantatpositionen unter Zuhilfenahme des 3D-Implantat-Postitionierungssystems bestimmt. Zum Erhalt der Ästhetik ist die Positionierung der Implantate ebenso entscheidend wie die Beachtung der biologischen Faktoren. Die Implantatpositionen wurden in der sagittalen Dimension nach palatinal orientiert. Die Sofortimplantation stellt speziell in der ästhetischen Zone eine Herausforderung für das behandelnde Team dar. Trotz hoher Überlebensraten ist das Risiko postoperativer Komplikationen jedoch relativ hoch [34]. Ursache ist eine Resorption des periimplantären Hartgewebes und nachfolgende bukkale Rezession des Weichgewebes. Dies führt häufig zur Exposition von Titanoberflächen und folglich zu erheblichen ästhetischen Beeinträchtigungen. Diese Defekte sind zudem nur schwer zu korrigieren. Ein vorausschauendes Behandlungsprotokoll unter Berücksichtigung der biologischen Umbauprozesse ist für die Rekonstruktion beziehungsweise den Erhalt stabiler periimplantärer Gewebe unabdingbar. Die Patientenanamnese Im Januar 2015 stellte sich ein 49-jähriger Mann mit Beschwerden im Bereich der Oberkieferfront in der Praxis vor. Er berichtete, dass er vor über 20 Jahren verunfallt war und sich ein Trauma in der Frontzahnregion zugezogen hatte. Die Frontzähne 12 und 21 wurden alio loco endodontisch behandelt und mit Stiftaufbauten und Keramikverblendkronen versorgt. In der Folgezeit wurden beide Zähne mehrfach reseziert. Bei der intraoralen Befunderhebung wurde eine Lockerung der Zähne 12, 11 und 21 festgestellt. Die Therapieplanung Die Prognose für eine Erhaltungswürdigkeit der Frontzähne wurde als sehr ungünstig beurteilt. Folglich ergab sich die Indikation für die Extraktion der Zähne 11, 12 und 21. Aus ästhetischen Gründen wurde eine Brückenrekonstruktion auf zwei Implantaten in regio 12 und 21 geplant. Die Therapie einer Sofortimplantation wurde gewählt, um der natürlichen Alveolenheilung, bei der es zum ästhetisch komprimittierenden Verlust der Interdentalpapillen sowie der fazialen Kontur des Alveolarfortsatzes kommen kann, entgegenzuwirken. Unter Berücksichtigung der biologischen Umbauprozesse und einer adäquaten Hart- und Weichgewebsaugmentation ist ein ästhetisches Ergebnis vorausschauend planbar. Bei drei Implantaten wäre der erforderliche Mindestabstand von 4 mm zwischen den Implantaten (Ø 3,8 mm) nicht gegeben. Neben der Höhe des Alveolarknochens ist die Dicke der vestibulären Lamelle Voraussetzung zur Schaffung eines idealen Emergenzprofils. Ebenso unterstützt und stabilisiert der Knochen den harmonischen Verlauf des Gingivaprofils – das Kriterium für den langfristigen Erfolg einer ästhetischen Rekonstruktion. » Eine wichtige Schnittstelle implantatprothetischer Versorgungen in der ästhetischen Region ist das Durchtrittsprofil der Suprastruktur. Für eine langzeitstabile Rekonstruktion ist deshalb neben der korrekten Implantatpositionierung, ein ausreichend und anatomisch geformter Kieferknochen ebenso essenziell wie eine dicke, befestigte Gingiva – sowohl aus ästhetischer als auch biologischer Sicht [33]. ~ PD Dr. Gerhard Iglhaut Indikation: Sofortversorgung / Socketpreservation Produkte: MinerOss® X

Defektregeneration – ein Casebook | 19 Erstveröffentlichung in „logo - das Camlog Partnermagazin“ # 43/2018, S. 16 -21 3. Die Implantate wurden primärstabil eingesetzt. Die anschließende Augmentation des Alveolarknochens in regio 11 wurde zur Rekonstruktion der bukkalen Wand mit dem Alveolarprotektor (Sonicweld®, KLS Martin, Tuttlingen) durchgeführt [35]. Nach der minimalinvasiven Präparation eines Mukoperiostlappens wurde der Alveoarprotektor in die präparierte Tasche geschoben. 5. Die Extraktionswunden wurden mit freien kombinierten BindegewebeSchleimhaut-Transplantaten, entnommen aus dem Gaumen, abgedeckt. Die Transplantate wurden etwa hälftig entepithelisiert, die Kombitransplantate mit dem Epithel tragenden Anteil auf die Alveolenöffnungen aufgelegt, der Bindegewebeanteil unter die vestibuläre Schleimhaut eingebracht und speicheldicht vernäht. 7. Im Labor erstellte der Zahntechniker eine Zirkonbrücke, zementiert auf Zirkoniumdioxid-Abutments, die mit CAD/CAM-Basen verklebt worden waren. Die Gestaltung des subgingivalen Anteils der Abutments sowie des Pontics sind essenziell für das Erzielen eines natürlichen Kronendurchtrittsprofils. Beim Röntgenkontrollbild zum Zeitpunkt der Eingliederung (li) und beim Follow-up nach drei Jahren (re) zeigen sich stabile Knochenverhältnisse. 4. Die „Jumping Distance“ von ca. 2 mm zur Stabilisierung der Knochenwandwurde ebenso mit bovinem Knochenersatzmaterial (MinerOss X) aufgefüllt wie die Augmentation in regio 11. Das Knochenersatzmaterial eignet sich sehr gut für das Alveolen-Management. Es lässt sich bei einer Partikelgröße von 250 μm bis 1000 μm einfach in die Defektstelle einbringen. 6. Die bilaminäre Versorgung des Bindegewebeanteils erhöht die Nutrition für die Transplantate und sichert damit die komplikationsfreie geschlossene Einheilung [36]. Neben einer besseren Integration kommt es sowohl vertikal als auch horizontal zur Weichgewebeverdickung und -stabilisierung. Bei der Freilegung, vier Monate nach Insertion, erfolgte die Weichgewebeverdickung mittels Rolllappen. Zum Zeitpunkt der Abformung stellte sich dieses befestigt und stabil dar. 8. Beim Follwo-up zeigt sich ein harmonischer Verlauf der Zahnfleischgirlande, die durch die Konturierung der Gingiva mit einem Diamanten für die Brückengliedauflage vor dem Einsetzen der Rekonstruktion unterstützt wurde. Bewährt hat sich die Stabilisierung der Knochenlamelle um Implantate mit langsam resorbierbaren Knochenersatzmaterialien, um sowohl den Knochenerhalt als auch die Gingivaadaption zu fördern.

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